Chaossturm

05.04.2023

Alrakis
Militärdistrikt Dieron, Draconis - Kombinat
21. März 3011

Tai - i Thomas Lindstrom salutierte, als er in das Büro seines direkten Vorgesetzten, Sho - sa Erik Yoshitan, dem Kommandeur des 2. Bataillons des 13. Dieron - Regiments, trat. Yoshitan sah kurz auf, erwiderte den Salut mit einer Handbewegung und bedeute Thomas mit einer weiteren, dass dieser sich setzen sollte. Thomas tat wie ihm geheißen. Er wusste nicht, warum sein Vorgesetzter ihn unbedingt sprechen wollte, aber er war sich ziemlich sicher, dass es nichts Gutes bedeutete, da das gesamte Bataillon wusste, dass Yoshitan und Lindstrom nicht unbedingt besonders gut miteinander auskamen. Das hatte einfach mit den Taktiken zu tun, die Lindstrom einsetzte. Er weigerte sich einfach, den typischen Samuraitaktiken, den Gegner im Sturmlauf angreifen und ihn in ein Gefecht Mann gegen Mann zu stellen, Folge zu leisten und hatte seine Lanze stattdessen darauf trainiert, den Gegner durch konzentriertes Feuer zu Boden zu zwingen. Das hatte ihm und seiner Lanze den Spitznamen Chaos - Krieger eingebracht und als er, aufgrund seiner Erfolge gegen die Steiner - Truppen, die Beförderung zum Tai - i erhalten hatte, war die gesamte Kompanie, die seinem Befehl unterstellt worden war, in die sogenannte Chaos - Kompanie umbenannt worden. Seine Krieger stammten fast alle aus dem Distrikt Rasalhaag, ebenso wie Lindstrom selbst, aber sie waren erfahrene Krieger, allesamt Veteranen, die oft genug gegen die Steiner - Truppen gekämpft hatten, um zumindest einige ihrer Schwächen auszuloten. Was jetzt kommen sollte, wusste Lindstrom aber nicht. Yoshitan sah von den Berichten auf, die auf seinem Tisch lagen, dann lächelte er dünn. Jetzt fürchtete Lindstrom bereits um sein Leben, denn dieses Lächeln hatte er nur zu oft sehen müssen. Es bedeutete, das Yoshitan mit seiner Leistung entweder nicht vollkommen zufrieden war oder einen Streit provozieren wollte, was beides für Lindstrom nicht sehr erträglich war. Dann meinte Yoshitan. "Sie haben wirklich ziemliche gute Arbeit in diesem Bataillon geleistet, Thomas."
Lindstrom riss schockiert die Augen auf. Sein Vorgesetzter hatte ihn noch nie mit Vornamen angesprochen und ganz sicher hatte er ihn noch nie gelobt. Dann meinte er vorsichtig. "Ich danke Ihnen, Herr. Auch wenn ich mir nicht bewusst bin, womit ich mir dieses Lob..."
"Sie haben es sich keineswegs verdient, Tai - i!", unterbrach Yoshitan ihn kalt. "Im Gegenteil, es war kein Lob, sondern eine höfliche Kritik an Ihre Anmaßungen und Ihre Arroganz, aber Sie sind natürlich zu blind, um das zu erkennen."
Lindstrom schluckte. Er wusste, dass jetzt eine heftige Attacke auf ihn kommen würde, sonst wäre Yoshitan nicht so ruhig. Dieser beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Tischplatte. "Ich habe endlich die Bestätigung des Kriegsherren Tscherenkow, was mein Gesuch um Ihre Versetzung angeht. Er hat dem zugestimmt, allerdings wissen wir beide, dass die Chaos - Kompanie es niemals zulassen würde, dass Sie mein Bataillon alleine verlassen. Tai - i Lindstrom, Sie und Ihre Chaos - Kompanie werden mit sofortiger Wirkung zum 6. Schwert des Lichts - Regiment versetzt. Ich hätte Sie zwar lieber in einer der Legionen Wega oder im Distrikt Rasalhaag bei einem der dortigen Regimenter gesehen, aber Sie sind, trotz Ihrer Verachtung für den Bushido - Kodex, der unser Leben als Krieger diktiert, ein erfahrener Mechkrieger und der Drache kann Ihr Talent und das Ihrer Leute nicht einfach verschwenden. Sie werden allerdings dennoch in den Militärdistrikt Rasalhaag versetzt. Vielleicht haben Sie ja die Möglichkeit, Ihr Können im Kampf gegen die Lyraner zu beweisen. Haben Sie noch Fragen?"
Lindstrom lächelte leicht. Er wusste, dass dies Yoshitan verärgern würde, aber das war ihm jetzt egal. "Hai, Sho - sa, eine letzte Frage hätte ich noch."
Yoshitan nickte. "Stellen Sie Ihre Frage, dann können Sie gehen."
Lindstrom sammelte sich kurz, um die höflichste Frageform zu finden, dann fragte er. "Wo und bei welchem Bataillon werden wir stationiert werden?"
Yoshitan lächelte wieder dünn. "Sie kommen zum 3. Bataillon auf Urzmarkt. Und als Ersatz wird man mir eine entsprechende Kompanie des Bataillons überstellen. Damit bekomme ich endlich die Elitekrieger, die ich haben wollte, und deren Kommandeur nicht so halsstarrig ist, wie Sie."
Lindstrom quittierte diese offene Beleidigung mit einem dünnen Lächeln von seiner Seite, dann stand er auf und salutierte. Nachdem Yoshitan den Salut erwiderte, drehte Lindstrom sich um und verließ das Büro seines Vorgesetzten. Er musste noch seine Chaos - Kompanie auf den Umzug vorbereiten.



Neuberg, Urzmarkt
Militärdistrikt Rasalhaag, Draconis - Kombinat
13. Mai 3011

Tai - i Thomas Lindstrom steuerte seinen Dracon über den Raumhafen von Neuberg, der Hauptstadt von Urzmarkt. Seine Lanze folgte ihm schweigend. Lindstrom lächelte. Seine Sturmlanze war mehr als gut ausgebildet und dazu auch noch mehr als bereit, sich in den Kampf zu stürzen. Aber das 6. Schwert des Lichts wurde noch zurückgehalten. Der Kriegsherr des Distrikts Rasalhaag, Marcus Kurita, schien nicht bereit, eine Einheit, die dem Drachen so absolut treu ergeben war, ins Gefecht zu werfen, damit diese einen ruhmvollen Kampf gegen das Lyranische Commonwealth führen konnten. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich mit Manövern weiter vorzubereiten und durch Patrouillen die Disziplin zu stärken. Allerdings war das bei der Chaos - Kompanie mehr als vergebens, dass hatte sogar Chu - sa Simon Niguya erkannt. Lindstroms Leute waren einfach nicht bereit, sich an die Traditionen des Bushido - Kodex zu halten. Lindstrom hatte diesmal allerdings zum Glück keinen Streit mit seinem Vorgesetzten. Im Gegenteil, dieser schien bereits zu überlegen, Lindstrom in den Rang eines Sho - sa zu setzen, auch wenn er weiterhin den Befehl über seine Kompanie behalten würde. Lindstrom war davon ziemlich überrascht, denn der Beginn der Dienstzeit der Chaos - Kompanie auf Urzmarkt hatte ganz und gar nicht gut begonnen.
Sie waren vor zwei Wochen auf Urzmarkt gelandet. Chu - sa Niguya hatte eigentlich einen Empfang für die neue Kompanie bereiten wollen, aber Lindstrom hatte gar nicht erst darauf gewartet, dass sich die beiden Mechkompanien aufstellten, sondern war mit seinen Leuten gleich aufs Landefeld gestürmt und hatte alle strategisch und taktisch wichtigen Positionen des Raumhafens von seinen Leuten besetzen lassen. Dann hatte er Niguya gemeldet, dass sie den Raumhafen gesichert hätten und auf weitere Befehle warteten. Die darauffolgende Besprechung zwischen Niguya und ihm hatte Lindstrom noch sehr genau im Kopf.
"Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, dieses Schauspiel zu veranstalten, Tai - i? Eigentlich sollte ich Sie für diese Insubordination Ihres Rangs und Ihres Kommandos entheben und Sie in den Bau stecken."
Lindstrom hatte dünn gelächelt und geantwortet. "Das können Sie machen, Herr. Aber dann sollten Sie sich auch die Frage stellen, woher Sie ein Dutzend neuer Mechkrieger her bekommen."
Das überraschte Niguya. "Was meinen Sie mit einem Dutzend, Tai - i? Und Sie sollten mir eine wirklich gute Erklärung abliefern."
"Nun, Chu - sa, wenn Sie mich in den Bau stecken, dann wird meine Kompanie mir folgen. Sie müssen verstehen, dass wir nicht einfach nur eine Sturmkompanie sind. Wir sind die Chaos - Kompanie des Kombinats. Wir sind noch schlimmere Mechkrieger als die Legionen Wega - wenn man von unserer Kampferfahrung und unseren Fähigkeiten einmal absieht. Natürlich ist es dem Bushido nicht angemessen, so zu handeln, aber die Chaos - Kompanie hat noch nie nach dem Bushido gehandelt und wird es mit Sicherheit auch nicht so schnell tun. Zumindest nicht, solange ich den Befehl über die Kompanie habe."
Niguya strich sich über das Kinn. "Und wenn ich Sie ersetze?"
"Dann wird die gesamte Kompanie mir folgen, wohin Sie mich auch schicken. Sie müssen verstehen, Chu - sa, wir waren eine Kompanie des 13. Dieron - Regiments. Viele der jetzigen Kompaniemitglieder sind seit der Gründung der Chaos - Kompanie in der Einheit geblieben und die wenigen, die uns damals verlassen hatten, waren im Kampf gegen Steiner und Davion gefallen. Kein Chaos - Krieger würde sich in eine andere Kompanie versetzen lassen, wenn ihm nicht der Rest der Kompanie folgt. Das ist eine Philosophie, die wir während des Überfalls auf Kessel durch die 11. Arkturusgarde gelernt haben. Wir stehen zusammen und wir fallen zusammen, niemand wird sich von den anderen trennen."
Niguya stand hinter seinem Schreibtisch auf und trat ans Fenster. Er sah hinaus auf eine andere Kompanie des 3. Bataillons des Schwert des Lichts, dann fragte er. "Sind Sie denn mit Ihrer derzeitigen Position zufrieden, Tai - i?"
"Hai, Chu - sa, das bin ich. Die Chaos - Kompanie ist meine Familie und ich möchte sie niemals verlassen."
Niguya nickte. "Das kann ich natürlich verstehen. Sie müssen aber auch meine Position verstehen. Ich bin jetzt 53 Jahre alt und seit über 30 Jahren im Dienst des Drachen. Aber ich bin nicht mehr so beweglich wie früher. Ich brauche jemanden, der mich in der kämpfenden Truppe vertreten kann und der bereit ist, ein Risiko einzugehen. Es soll kein Speichellecker sein, der nur darauf hofft, dadurch seine nächste Beförderung zu bekommen. Ich möchte einen guten Mechkrieger und Offizier, der auch bereit ist, sich mir entgegenzustellen und seine Meinung offen vorzutragen. Bisher war ich von allen meinen Kompanieführern enttäuscht, aber Sie könnten das ändern, Thomas - kun. Wären Sie denn bereit, als mein Stellvertreter zu fungieren?"
Lindstrom überlegte kurz. "Was wären meine Aufgaben, Niguya - sama?"
"Sie behalten den Befehl über Ihre Kompanie, falls das eine Ihrer Befürchtungen ist. Sie sind aber gleichzeitig mein Verbindungsoffizier zu den kämpfenden Einheiten. Sie übermitteln meine Befehle und sorgen für ihre Ausführung. Und Sie helfen mir bei der Strategieplanung. Wenn Sie Ihre Sache gut machen, dann kann ich Ihnen die Beförderung zum Sho - sa geben und Sie damit offiziell zu meinem Stellvertreter und Nachfolger machen, Thomas - kun."
Lindstrom nickte. Etwas ähnliches hatte er von Niguya auch erwartet. Er stand langsam auf, nahm Haltung an und salutierte auf Kurita - Manier, mit der rechten Faust auf der Brust. "Ich erwarte Ihre Befehle, Chu - sa."
Niguya lächelte leicht. "Nun, Tai - i, ich habe zunächst keine Befehle für Sie. Aber bitte bereiten Sie ein Rotationsverfahren aller Lanzen für einen Patrouillengang vor. Ich möchte ausserdem mehrere Lanzen zu einem Manöver vorbereiten und würde mich freuen, wenn Sie dies ebenfalls übernehmen könnten."
"Hai, Chu - sa. Ich werde Ihre Befehle so schnell wie möglich ausführen."
Das war das Zeichen für Lindstrom gewesen, das Büro zu verlassen. Und jetzt, zwei Tage später, war er sich sicher, dass die Arbeit mit Chu - sa Niguya um einiges besser verlaufen würde als mit seinem alten Vorgesetzten beim 13. Dieron - Regiment. Er steuerte seinen Dracon um einen J. Edgar - Scoutschweber herum und überprüfte den Zustand seiner Lanze. Er hatte diese Lanze ebenso wie den Rest seiner Kompanie bewußt so aufgebaut, dass er eine mobile Einheit mit genügend Feuerkraft zur Verfügung hatte. Ein Vollstrecker lief rechts neben ihm. Der Pilot, Sho - ko Bruno Reinberg, stammte ebenfalls aus dem Distrikt Rasalhaag. Er war der ranghöchste Unteroffizier der Chaos - Kompanie und ein erfahrener Mechkrieger. Lindstrom vertraute ihm soweit wie es möglich war. Hinter Reinberg folgten ihm die Mechkrieger Jasmin Tiro und Nagira Sujori. Tiro steuerte den schwersten Mech der gesamten Kompanie, einen Victor. Die sprungfähige achtzig Tonnen schwere Kampfmaschine mit der überschweren Autokanone war nur aufgrund ihrer Beweglichkeit durch die Sprungdüsen ausgewählt worden. Bei Kämpfen sah man Tiro sehr oft in der ersten Reihe direkt gegen den Feind kämpfen, wo sie ihre AK/20 voll zum Einsatz bringen konnte. Mechkrieger Sujori steuerte eine weitere mittelschwere Maschine, einen Verteidiger. Der Verteidiger wurde von Lindstrom meistens zur Rückendeckung der Lanze eingesetzt. Während die anderen Mechs vorpreschten, blieb der Verteidiger fast immer zurück und belegte den Feind mit Sperrfeuer aus seiner PPK und der LSR - Lafette, die im Torso untergebracht worden war. Er hatte eine sehr effektive Einheit zusammengestellt, die es mit den meisten Einheiten des Kombinats aufnehmen konnte. Seine beiden anderen Lanzen waren ähnlich aufgebaut, im Falle der Scoutlanze aber wesentlich leichter. Lindstrom wartete einen Augenblick, dann aktivierte er sein TakKom und stellte die Kompaniefrequenz ein. "Chu - i Givara, bereiten Sie Ihre Lanze vor. Sie sind unsere Ablöse."
"Hai, Tai - i. Der Chu - sa hat sich gemeldet. Er möchte Sie umgehend sprechen, Herr."
"Verstanden. Wir sind auf dem Weg."
Lindstrom wendete seinen Dracon und machte sich auf den Weg zum Mechhangar, in dem seine Kompanie untergebracht war. Er konnte sich nicht vorstellen, was Chu - sa Niguya von ihm wollen könnte. Da er sich seit ihrer Ankunft hier nichts hatte zu Schulden kommen lassen, war er sich sicher, keinen Verweis zu bekommen. Aber er wusste nicht, was der Chu - sa sonst noch mit ihm besprechen konnte - außer einen Plan für einen Angriff auf das Lyranische Commonwealth. Lindstrom brachte seinen Dracon zum entsprechenden Stellplatz, dann schaltete er ihn auf Leerlauf. Um den Rest sollten die Techs sich kümmern. Er öffnete die Cockpitluke und ließ die Teleskopleiter herunter, an der er sich dann flink herunterangelte. Dann übergab er einem Tech seinen Neurohelm und nahm den Overall von demselben entgegen. Nachdem er diesen angezogen hatte, nahm er sein Katana und sein Wakizashi, die er erhalten hatte, als er seinen Abschluss an der Sun Zhang - Akademie gemacht und in die VSDK eingetreten war. Er schnallte sich die Scheiden auf den Rücken und zog sich einen Überwurf an. Natürlich war das eine ziemlich ungewöhnliche Bekleidung für eine Besprechung mit seinem vorgesetzten Offizier, aber Niguya hatte in den zwei Wochen, die er jetzt mit Lindstrom zusammenarbeitete, gelernt, dessen Eskapaden beiseite zu lassen. Er machte sich auf den Weg zum Büro Niguyas und schritt langsam und gemessen auf die Bürobaracken der Kaserne zu. Eine der mittelgroßen Baracken war das Büro von Chu - sa Niguya. Lindstrom klopfte an, dann trat er ein. Eine junge Adjutantin im Rang eines Chu - i, die Mitglied in Niguyas Befehlsstab war, nickte ihm zu. "Sie kommen spät, Tai - i."
Lindstrom kannte die junge Chu - i ziemlich gut. Sie hatte ursprünglich im Büro der VBS auf Luthien gearbeitet, bevor sie auf eigenen Wunsch zum 6. Schwert des Lichts versetzt wurde. Sie war mehr als fähig, einen BattleMech zu steuern und war auch Mitglied in der Befehlslanze des Chu - sa, wo sie meistens als Komm - Spezialistin dafür sorgte, dass alle unnötigen Komm - Frequenzen frei blieben. Natürlich konnte er ihr die Worte, die sie eben ausgesprochen hatte, nicht so einfach durchgehen lassen. "Danke, dass Sie mich darauf hinweisen, Chu - i Zayura", er legte eine besondere Betonung auf ihren Rang, "ich wusste nicht, dass ich mich jetzt auch noch vor Ihnen rechtfertigen sollte."
Zayuras Augen blitzten leicht, dann beugte sie sich vor und flüsterte. "Wie wäre es, wenn Sie sich bei einem Essen in der Kantine vor mir rechtfertigen?"
Lindstrom lächelte sie an. "Wenn Sie mich einladen sage ich nicht nein. Sie müssen nur die Uhrzeit bestimmen und an die Chaos - Kompanie schicken, dann werde ich pünktlich erscheinen."
"Sehr gut. Chu - sa Niguya erwartet Sie bereits."
Lindstrom warf ihr eine Kusshand zu, was ein weiterer Bruch der Etikette war, die im Kombinat so hochgeschrieben wurde, dann klopfte er kurz an die Bürotür seines Vorgesetzten und trat ein. Niguya erwartete ihn tatsächlich, aber er war nicht allein. Ihm gegenüber saß eine gutaussehende Frau, die ungefähr Anfang Dreissig sein mochte. Sie trug die schwarze Uniform der ISA und hatte die Rangabzeichen eines Tai - i, wie seine eigenen. Lindstrom verbeugte sich höflich vor beiden, dann salutierte er. Niguya nickte auf den Sessel neben der ISA - Agentin. "Nehmen Sie Platz, Thomas - kun, wir haben viel zu besprechen."
Lindstrom nickte und setzte sich. Niguya redete einfach weiter. "Darf ich Ihnen Tai - i Linda Ritachu vorstellen? Tai - i Ritachu leitet die ISA - Dienststelle von Urzmarkt."
Lindstrom nickte der Agentin zu. "Sehr erfreut, Sie kennenzulernen Tai - i Ritachu."
Ritachu lächelte kalt. "Sie sollten mit Ihren Äußerungen lieber vorsichtig sein, Tai - i Lindstrom. Die ISA hat Sie sehr genau im Auge."
Lindstrom erwiderte ihr Lächeln. "Ich hoffe, Mechkrieger Kashori leistet Ihnen gute Dienste, Tai - i Ritachu. Aber vielleicht sollten Sie das nächste Mal einen Agenten in die Chaos - Kompanie einschleusen, der zumindest etwas besser an den Kontrollen eines Mechs ist. Kashori ist nicht gut genug, um in einer echten Schlacht lange zu überleben. Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken."
Ritachus Augen verengten sich unmerklich. Offensichtlich hatte sie diesen Mechkrieger falsch eingeschätzt. Er wusste anscheinend mehr über die Aktivitäten der ISA, als ihr lieb sein konnte. Niguya lächelte dünn, dann meinte er. "Thomas - kun, Tai - i Ritachu hat uns einen Befehl des Koordinators persönlich übermittelt. Sein Befehl lautet, dass wir einen Angriff auf einen unbedeutenden Planeten des Lyranischen Commonwealths ausführen. Alle näheren Informationen bekommen Sie gleich noch. Nun möchte ich Ihnen aber mitteilen, dass Tai - sho Renigo mein Schreiben positiv beantwortet hat. Mit sofortiger Wirkung sind Sie neuer operativer Kommandeur des 3. Bataillons, 6. Schwert des Lichts, Sho - sa Lindstrom."
Niguya schob die entsprechenden Rangabzeichen über den Schreibtisch zu Lindstrom hin. Dieser nahm seine alten Abzeichen ab und steckte sich die neuen an. Dann stand er auf und schüttelte die Hand seines Vorgesetzen. Nachdem er sich wieder hingesetzt hatte, meinte Ritachu. "Nun sollten wir uns dem Überfall auf das Lyranische Commonwealth zuwenden. Der Planet, der überfallen werden soll, heißt Icar. Er befindet sich am Rand der Peripherie und wird das perfekte Angriffsziel für uns sein."
Lindstrom sah Ritachu an. "Welche Einheiten befinden sich auf Icar?"
"Ein Söldnerbataillon befindet sich auf dem Planeten. Soweit wir feststellen konnten, heißt die dortige Einheit Morris´ Armierte Dragoner. Sie sind relativ gut und haben einen Ruf, der ihren Fähigkeiten gerecht wird. Es wird nicht einfach sein, sie zu besiegen."
Lindstrom nickte. Er hatte einiges von den Dragonern gehört. Sie waren vor ungefähr zehn oder fünfzehn Jahren von einem ehemaligen Oberleutnant der 2. Hofgarde gegründet worden, einem Robert Morris. Morris´ Erfahrung mit der 2. Hofgarde hatte dazu geführt, dass er ziemlich effektiv gegen das Kombinat und die Liga Freier Welten Haus Mariks gekämpft hatte. Zum Teil hatte er auch Aufträge in der Peripherie ausgeführt. Dabei hatte er seine Einheit auf ihre jetzige Stärke von einem Mechbataillon und Hilfstruppen erweitern können. Seine beiden Söhne dienten in seiner Einheit und hatten es zu ziemlich respektablen Kompanieführern gebracht. Lindstrom war sich aber sicher, das seine Chaos - Kompanie mit beiden Kompanien fertig werden konnte, wenn es erforderlich war. Er sah wieder auf. "Chu - sa, werden Sie uns bei diesem Kampf mit Ihrem Können und Ihrem Wissen unterstützen?"
Niguya lachte laut. "Thomas - kun, Sie sind ein großer Schmeichler. Ja, ich werde Sie begleiten, aber Sie werden den Befehl über das Bataillon haben. Meine Aufgabe ist es, die gesamte Einheit, die noch zwei Kompanien Infanterie und eine Staffel Luft/Raumjäger enthält, zu befehligen. Sie werden also von Ihrer Kompanie in die Befehlslanze wechseln müssen, Sho - sa. Und natürlich brauchen Sie einen Ersatz für mich. Tai - i Ritachu ist eine hervorragende Mechkriegerin. Ich bin mir sicher, das sie mehr als bereit ist, meinen Platz auszufüllen."
Ritachu nickte. "Hai, Chu - sa, das bin ich. Natürlich nur, wenn Sho - sa Lindstrom keine Einwände gegen mich hat."
Lindstrom nickte leicht. "In Ordnung, Sie können sich ins Bataillon versetzt betrachten. Allerdings bräuchte ich einige Informationen über Ihren Mech."
"Es ist ein Katapult, Sho - sa. Eine hervorragende Maschine."
"Daran zweifle ich nicht, Tai - i. Also gut. Dann werden wir den Söldnern auf Icar zeigen, warum wir eine Eliteeinheit sind."



Shark Hills, Icar
Tamarpakt, Lyranisches Commonwealth
27. Mai 3011

Sho - sa Thomas Lindstrom feuerte eine weitere Ladung LSR aus der Torso - Lafette seines Dracon auf den gegnerischen Pirscher ab, dann untersuchte er den Status des Bataillons. Was er sah, schockierte ihn. Zwei Kompanien der 4. Lyranischen Garde, die unverhofft ein Bataillon auf Icar stationiert hatte, waren an der Flanke der 3. Kompanie des Schwert des Lichts - Bataillon aufgetaucht. Zusammen mit den Söldnern, die noch über eine einsatzfähige Kompanie verfügten waren sie den Überresten der Schwerter des Lichts weit überlegen. Das Schwert des Lichts - Bataillon verfügte insgesamt noch über 15 einsatzfähige Mechs, die Überreste der BefehlsLanze, die bei der Verteidigung des Overlord - Landungsschiffs Star of Dragon Tai - i Ritachu in ihrem Katapult und Chu - i Arthur Wang im Centurion verloren hatten, mit eingerechnet. Chu - i Christina Zayura im Zyklop kämpfte verbissen an seiner Seite, aber ihr Munitionsvorrat war, ebenso wie sein eigener, ziemlich aufgebraucht. Und die Söldner stießen wieder vor. Lindstrom konnte den Pirscher durch einen Schuss aus seiner Autokanone noch einmal zurückdrängen, deren Granaten in das linke Bein des überschweren Mechs fuhren und die dortige Panzerung zerschmetterten. Der Pirscher wollte mit einer Salve aus seinen LSR - Lafetten antworten, als irgendetwas den Piloten der Maschine ablenkte und er sich abwandte. Das reichte Mechkrieger Sujori, der sich tapfer an der anderen Seite des Dracon hielt, um seine PPK von seinem ursprünglichen Ziel, einem Feuerfalken der Söldner - Scouts, abzuwenden und ihn nur noch mit seinen LSR zu bombardieren. Er feuerte seine PPK auf den Pirscher ab und traf auf die Rückenpanzerung des Mechs. Der Pirscher schüttelte sich und wollte sich wieder seinen unmittelbaren Gegnern zuwenden, aber dazu ließ Zayura ihn gar nicht erst kommen. Ihre Autokanone setzte eine weitere Salve in den Rücken des Pirscher und durchbrach die Panzerung. Dann drangen die Granaten aus entreichertem Uran in das Innenleben des Mechs ein und beschädigten die Abschirmung des Fusionsreaktors, der den Pirscher am Leben erhielt, schwer. Auch Lindstrom setzte wieder seine Autokanone ein, traf allerdings nur eine der LSR --Lafetten, die von dem Schuss direkt abgerissen wurde. Doch der Pirscher hatte auch so genug Probleme. Er setzte nämlich seinen schweren Laser gegen einen Panther des Schwert des Lichts - Bataillons ein, der einen Steppenwolf attackierte. Dieser Energieanstieg reichte aus, um die Abschirmung des Reaktors endgültig zu zerstören und die LSR - Munition zur Explosion zu bringen. Der Pilot des Pirscher schaffte es nicht auszusteigen, bevor der Pirscher von der Munitionsexplosion zerfetzt wurde und das Cockpit sich in ein flammendes Inferno verwandelte. Lindstrom wollte sich über diesen Sieg freuen, er bemerkte allerdings, dass sein Bataillon langsam auseinanderbrach. Die 3. Kompanie, die nur noch über drei einsatzfähige Mechs verfügte, wurde von der Lyranischen Garde regelrecht zerfetzt. Die 1. Kompanie des Bataillons hatte noch immerhin eine volle Lanze zur Verfügung, aber das nützte absolut nichts, das es eine Sturmlanze aus leichten und mittelschweren Mechs war. Die schwerste Maschine der Lanze, ein Dunkelfalke, hatte bereits seine gesamte Munition verschossen, ebenso der Panther. Nur der Totschläger verfügte noch über Munition und der Jenner benötigte diese nicht, da er ausschließlich über Energiewaffen verfügte. Und dann waren da noch die Mechs der Befehlslanze und der Chaos - Kompanie. Diese beiden Einheiten zusammengenommen verfügten noch über acht Mechs. Sie alle waren beschädigt und verfügten kaum noch über Munition. Und die Situation verschärfte sich durch das Auftauchen der Lyranischen Garde zusehends. Der Panther - Pilot, Mechkrieger Grundring, zog sich langsam zurück, nachdem seine Lanzenkameraden von einem Atlas und seinen etwas leichteren Kollegen zerfetzt worden war. Er verschwendete keinen Schuss aus seiner PPK, sondern beharkte den leichtesten Mech in den Reihen der Lyraner, einen schwer beschädigten Paladin, mit seinen KSR. Dann zündete er seine Sprungdüsen und flüchtete. Lindstrom wandte sich wieder den Söldnern zu, dann fasste er einen schweren Entschluss. Er aktivierte sein TakKom und suchte eine allgemeine Frequenz raus. Bevor er jedoch dem Söldnerkommandeur seine Kapitulation übermitteln konnte, explodierte Sujoris Verteidiger in einem Feuerball. Auch er stieg nicht aus. Die Explosion erschütterte Lindstroms Dracon und er spürte, dass sein Mech sich nicht mehr würde halten können. Er aktivierte die Rettungsautomatik, die dafür sorgte, dass das Cockpitdach weggesprengt wurde und ihn in seinem Schleudersitz aus dem sterbenden Mech katapultierte. Der Dracon explodierte ebenfalls, aber Zayura hatte sich weit genug zurückziehen können, um von dieser Explosion keinen Schaden zu nehmen. Der Fallschirm des Schleudersitzes öffnete sich und Lindstrom landete sanft auf dem Boden. Er begann sofort, sich von den Haltegurten zu befreien. Dann griff er nach hinten und zog Katana, Wakizashi und eine schwere Nakijama - Laserpistole hervor. Die Nakijama schnallte er sich mit dem Holster ans Bein, das Wakizashi und die Scheide des Katana schnallte er sich auf den Rücken. Nur mit dem Schwert in der rechten Hand lief er los und auf Zayuras Mech zu. Sie hatte ihn bemerkt und wartete nun auf ihn, während sich die restlichen Schwerter des Lichts um ihre Position versammelten. Thomas konnte erkennen, dass sie nur noch zu fünft waren. Der Panther der 3. Kompanie und drei Mechs der Chaos - Kompanie sowie Zayura waren noch einsatzfähig. Aber auch die Söldner waren schwer angeschlagen. Sie verfügten noch über insgesamt sieben einsatzfähige Mechs. Lindstrom kletterte schnell am Zyklop hinauf, dann schwang er sich ins Cockpit des überschweren Mechs, das sich direkt unter dem Kopf befand. Zayura erwartete ihn bereits. "Ich nehme an, du willst dem Söldnerkommandeur deine Kapitulation verkünden, nicht wahr?"
"Es tut mir leid, Christina, aber wir haben nicht mehr die Truppen, die wir brauchen, um Icar zu erobern. Wir verfügen noch über fünf einsatzbereite Mechs und sechs einsatzbereite Mechkrieger. Diese Anzahl von Kriegern reicht niemals aus, um den Planeten zu nehmen. Und ich weigere mich standhaft, die Truppen zu verpulvern."
Zayura nickte. "Natürlich, das verstehe ich. Aber was willst du danach machen? Wir können nicht ins Kombinat zurück und das weißt du. Dort würde man uns einfach des Verrats anklagen und erschießen lassen. Und die LCS würden uns gefangennehmen, foltern und alle Informationen über das Kombinat aus uns herausquetschen wollen, die wir ihnen liefern könnten. Danach würden wir ebenfalls sterben."
Lindstrom nickte. "Das stimmt. Darum möchte ich mich auch den Söldnern ergeben. Wenn wir Glück haben, können wir uns den Dragonern anschließen. Sie sind eine gute Einheit und mit Sicherheit nicht so ehrlos, wie die meisten Bürger des Kombinats glauben werden."
Zayura begann bereits damit, die entsprechende Frequenz herauszusuchen. "Alles klar, ich hab die Frequenz der Söldner gefunden. Sie befindet sich auf TakKom 3."
Lindstrom nickte und nahm sich ein Komm - Set. Dann meinte er ins Mikro. "An den Kommandeur von Morris´ Armierten Dragonern. Hier spricht Sho - sa Thomas Lindstrom, ranghöchster überlebender Offizier des 3. Bataillons des 6. Schwert des Lichts. Ich möchte mit dieser Nachricht meine Kapitulation Ihnen gegenüber bekanntgeben."
Lange Zeit knisterte das Kom, dann meldete sich eine relativ junge Stimme. "Hier ist Hauptmann Patrick Morris, provisorischer Kommandeur der Dragoner. Sho - sa, Sie wissen, was es bedeutet, wenn Sie kapitulieren, nicht wahr?"
"Hai, das ist mir bewußt. Ich hatte aber gehofft, dass meine Leute und ich uns Ihnen anschließen könnten. Es wäre zumindest für uns alle von Vorteil."
Morris schien darüber nachzudenken, dann meinte er. "Sie wollen der Gefangenschaft durch die Lyraner entgehen, nicht wahr?"
"Es wäre zumindest unserem Leben erträglicher, wenn die Lyraner uns nicht in die Hände bekommen, das ist korrekt. Aber sind Sie bereit meine Kapitulation anzunehmen?"
"Natürlich Sho - sa. Und ich bin auch bereit, Sie und Ihre Leute bei uns aufzunehmen. Willkommen bei den Dragonern."
Lindstrom seufzte erleichtert. "Danke, Sir. Wir sind dankbar, keine Gefangenen mehr zu sein."
Er nahm das Komm - Set wieder ab und sah Zayura an. "Ich hoffe, du bist mit der Entscheidung einverstanden?"
Sie lächelte ihn an, dann fuhr sie mit ihren schlanken Fingern durch seine blonden Haare. "Thomas, wenn ich mit der Entscheidung nicht einverstanden wäre, würdest du dich schon lange nicht mehr in diesem Cockpit befinden. Aber hast du es mitgekriegt? Anscheinend ist Robert Morris tot oder verletzt."
"Ja, das scheint der Fall zu sein. Ich denke, wir werden abwarten müssen, wie sich die Situation weiter entwickelt."
Er verabschiedete sich von Zayura und stieg aus dem Mech aus. Am Boden angekommen zog er sein Katana und ließ es zu Boden fallen. Das Wakizashi folgte, dann schnallte er die Scheiden ab. Da er nun kein Krieger des Kombinats mehr war, hatte er auch kein Recht mehr, diese beiden Klingen zu tragen. Nur seine Nakijama - Laserpistole blieb im Holster am Oberschenkel stecken. Dann wandte er sich dem Mech zu, der auf ihn zukam. Es war ein schwerbeschädigter Steppenwolf, der die Insignien der Dragoner trug. Der Mech hielt kurz vor ihm an, dann schaltete sein Pilot ihn ab. Eine Klappe öffnete sich und ein junger Mann kam zum Vorschein. Er kletterte behende an seinem Mech herunter, dann stellte er sich vor Lindstrom auf. Die Insignien an seiner Kühlweste wiesen ihn als Hauptmann, also als Kompanieführer aus. Er hatte dunkelbraunes Haar und grüne Augen, die Lindstrom blitzend ansahen. Dann streckte der junge Mann, der, wie Lindstrom auffiel, immer noch zwei Jahre älter als er war, die Hand aus und hielt sie Lindstrom hin. Dieser ergriff sie mit festen Griff, dann salutierte er. "Melde mich wie befohlen, Sir."
Der Hauptmann erwiderte den Salut, dann meinte er. "Sho - sa Lindstrom nehme ich an. Ich bin Hauptmann Patrick Morris. Mein Vater hat die Einheit aufgebaut und geleitet, bis er in der heutigen Schlacht fiel. Wenn mich nicht alles täuscht, war der Pilot des Verteidigers, der neben Ihrem Dracon stand, für den Tod meines Vaters verantwortlich. Ich denke, damit ist der Rache Genüge getan. Und vor allem haben die Dragoner einen ziemlichen Prestigeschub erhalten. Schließlich passiert es nicht alle Tage, dass einfache Söldner ein Bataillon der Schwerter des Lichts besiegen, selbst wenn es mit Hilfe der Lyranischen Garde geschah. Dies wird den Chaos - Dragonern bei den späteren Aufgaben helfen."
Lindstrom nickte kurz, dann stockte er. "Verzeihen Sie, Sir, wie haben Sie die Dragoner eben genannt?"
Morris lächelte. "Ich werde die Einheit umbenennen lassen. Wir sind nicht mehr die Armierten Dragoner meines Vaters, Mr. Lindstrom. Wir sind ab sofort die Chaos - Dragoner, eine Einheit, die sich immer in die wildesten Kämpfe stürzt und riesiges Chaos stiftet. Und mit den Mechs, die wir hier bergen können, das dürften wohl so an die zwei Drittel Ihres Bataillons sein, plus der Zusatzbezahlung des Lyranischen Commonwealths können wir die Dragoner möglicherweise um ein zweites Bataillon bereichern. Allerdings bräuchten wir dazu auch ein Landungsschiff."
Mit diesen Worten blickte Morris Lindstrom von der Seite an, der den Wink verstanden hatte. "Da kann ich möglicherweise helfen, Sir. Die Star of Dragon steht immer noch unter meinem Befehl, ebenso das Sprungschiff Sturm von Arkab. Ich denke, dass ich beide Schiffe auf unsere Seite ziehen kann. Damit könnten Sie die Transportkapazität der Dragoner erheblich steigern."
Morris nickte. "Wenn Sie dafür sorgen können, Kommandanthauptmann Lindstrom, dann dürfte es unsere Arbeit sehr erleichtern."
Lindstrom nickte. Dann stockte er ein weiteres Mal. "Verzeihen Sie, Sir, aber Sie haben mich soeben einen Kommandanthauptmann genannt. Ist dieser Rang denn korrekt? Schließlich bin ich doch ein Überläufer."
"Ja, aber ein ziemlich ranghoher und erfahrener Überläufer. Und ich brauche einen erfahrenen Kommandeur für das zweite Bataillon der Dragoner. Mein Bruder Frederick wird als mein Stellvertreter das 1. Bataillon übernehmen, aber wir brauchen noch jemanden, der sich damit auskennt, ein Bataillon zu befehligen. Ich denke, Sie sind für diese Position perfekt, Kommandanthauptmann Lindstrom. Und jetzt wegtreten."
Lindstrom salutierte wieder. "Zu Befehl, Sir."
Als er sich abwandte, rief Morris ihm noch etwas hinterher. "Und wir finden auch einen passenden Mech für Sie, Lindstrom. Darauf können Sie sich verlassen."
Lindstrom drehte sich wieder zu Morris um, der inzwischen zu seinem Steppenwolf zurückgegangen war und langsam daran hochkletterte. Ja, dieser Mann war auf jeden Fall ein Anführer, unter dem er dienen konnte. Er kümmerte sich um seine Leute und war mehr als bereit, sein Leben für sie einzusetzen. In gewisser Weise wurde Lindstrom an Chu - sa Niguya erinnert, als er seinen neuen Kommandeur hinterher sah. Und das wiederum erinnerte ihn an einige Pflichten, die er als Krieger des Kombinats noch auszuführen hatte, bevor er endgültig sein Leben als Söldner begann.

Zwei Stunden später war auch schon alles vorbei. Die Kapitäne der beiden Schiffe, dem Overlord - Landungsschiff Star of Dragon und dem Invasor - Sprungschiff Sturm von Arkab kapitulierten ebenso wie Lindstrom und wurden offiziell von den Chaos - Dragonern aufgenommen. Lindstrom hatte inzwischen seinen neuen Mech, einen Grashüpfer, der zuvor einem verstorbenen Söldner gehört hatte, gefunden und war gerne bereit, die Maschine zu übernehmen. Jetzt trug er einen Overall der Chaos - Dragoner und stand vor einem offenen Grab, an dem ein großes Kreuz angebracht worden war. Hier waren sie beerdigt worden, die Verstorbenen des inzwischen aufgelösten 3. Bataillons des 6. Schwert des Lichts der VSDK. Lindstrom nahm seine Schwerter und legte sie vorsichtig in das Grab hinein. Dann salutierte er auf Kuritaart und flüsterte auf japanisch. "Mögt ihr alle in Frieden ruhen, ihr tapferen Krieger des 6. Schwert des Lichts. Niemand wird euch je vergessen, denn eure Namen sind auf dem Kreuz eures Grabes verewigt. Heil dem Drachen und euren Seelen für die Wiedergeburt in seinem Dienste."
Zayura stand hinter ihm und salutierte ebenfalls. Dann trat sie an ihn heran und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Komm, Thomas. Wir können nichts mehr tun, was sie wieder zum Leben erwecken könnte. Ihr nächstes Leben wird hoffentlich besser verlaufen, als dieses."
Lindstrom nickte und wandte sich vom Grab ab. Arm in Arm mit Zayura, die bereits jetzt als seine Stellvertreterin in den Rang eines Hauptmanns befördert wurde, ging er langsam zu den beiden wartenden Offizieren, die neben einer Schweberlimousine standen. Patrick Morris hatte inzwischen den Rang eines Obersten angenommen. Sein Bruder Frederick, der von allen immer als Fred angesprochen wurde, war als Kommandeur des 1. Bataillons und stellvertretender Kommandeur der Dragoner in den Rang eines Kommandanthauptmanns befördert worden, ebenso wie Lindstrom, der das neue 2. Bataillon übernehmen sollte, das bisher allerdings nur auf dem Papier bestand. Sie hatten zwar einige Mechs zur Verfügung, aber ihnen fehlten ganz eindeutig die Piloten um die Verluste des 1. Bataillons zu ersetzen und das 2. Bataillon mit Mechkriegern auszustatten. Aber die beiden Morris - Brüder hofften mit Lindstroms Unterstützung für die nötige Ausbildung mehrerer zukünftiger Piloten zu sorgen. Auch hatten sich einige Offiziere und einfache Mechkrieger der 4. Lyranischen Garde zu Wort gemeldet. Sie waren von der Leistung der Chaos - Dragoner beeindruckt gewesen und hatten bereits nachgefragt, ob für sie vielleicht ein Platz frei sei. Da sie natürlich keine eigenen Mechs besaßen, waren sie ganz froh, dass sich in den Reihen der Dragoner mehrere unbesetzte Mechs befanden, die sie übernehmen konnten. Lindstrom nickte den beiden Offizieren leicht zu. Hier war nun seine neue Heimat und seine neue Familie. Er würde sich nun ein vollkommen neues Leben aufbauen müssen, war sich aber sicher, dass ihm das gelingen würde.


Älterer Artikel von mechforce.de. Nicht mehr online.




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Erstversion vom 05.04.2023. Letzte Aktualisierung am 05.04.2023.


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