Rotland-Ebene
Planet Arcadia, Clan Heimatwelten
16. August 3048
Positionstest Kadett Harrison, BärentatzenGeschko, Kodax-ID 3488543
Auf glühenden Plasmastrahlen schoss die Nemesis die letzten Meter der kleinen Schlucht hinauf, um endlich ihren Gegner zu stellen.
In ihrer Primärkonfiguration schien der 70t schwere OmniMech ein wenig unterbewaffnet zu sein, doch Kadett Harrison ging voll und ganz in ihrer ausgewogenen Mischung aus Feuerkraft, Panzerung und Beweglichkeit auf. Trotz der Klassifizierung als schwerer Mech konnte die Nemesis es an Geschwindigkeit mit vielen leichteren Mechs aufnehmen, dazu kam noch die Sprungreichweite von 150m und die Möglichkeit, praktisch die gesamte entstehende Abwärme abzuleiten.
Und so erhob sich der Mech aus dem schluchtartigen Flusstal, das ihn bisher vor der Ortung seines Gegners abgeschirmt hatte.
Kaum schob sich der Kopf der Maschine mit ihren Sensoren über den Schluchtrand, als auch schon die Ortungswarnung aufgellte.
Da - keine 600 Meter entfernt, auf der offenen Fläche der Rotland-Grasebene, stand sein Herausforderer - Sterncommander Clark in seinem Bluthund.
Wie durch einen dummen Zufall hatte dieser den Torso seines Mechs gerade genau in die Richtung gedreht, aus der Harrison seinen Überraschungsangriff durchführen wollte, und
keine Sekunde, nachdem der Computer der Nemesis die Konfiguration der Feindmaschine ermittelt hatte, flammten einige rote Lichter auf der Cockpitkonsole auf, gefolgt von dem schrillen Kreischen der Raketenwarnung.
Der gesamte Torso des Bluthunds schien zu explodieren, als sich 40 Raketen aus ihrer Abschussvorrichtung lösten und auf die Nemesis zu donnerten.
Gerade erst das Gleichgewicht wiederfindend, nachdem er etwas unsicher auf dem Klippenrand aufgekommen war, konnte Harrison nicht viel tun, um auszuweichen, als sofort wieder mit den Füßen auf die Pedale der Sprungdüsen zu treten und den Mech ein weiteres Mal steil in den Himmel schießen zu lassen.
Vom Andruck in die Pilotenliege gepresst, konnte er nur hoffen, schnell genug reagiert zu haben, um den Raketen die Zielerfassung zu erschweren.
Doch der verzweifelte Versuch hatte nicht viel Erfolg.
Ihren Kurs nur geringfügig korrigierend, überbrückten drei Dutzend Raketen die letzten paar Meter zu ihrem Ziel und hämmerten auf die untere Partie der im Steigflug befindlichen Nemesis ein.
Von den Einschlägen zu schwer durchgeschüttelt, um eine klare Zielerfassung zu bekommen, wählte Harrison die LB-X-Autokanone und sandte dem Bluthund einen Schauer aus ungezielter Bündelmunition entgegen, um wenigstens den Versuch von Gegenwehr zu leisten.
Den Erfolg seiner Treffer konnte er nicht mehr abschätzen, da sein eigener Mech immer schneller auf den Boden zuzuschießen begann.
Die Raketen hatten die Flugbahn der Maschine so weit gestört, dass eine harte Landung bevorstand.
Mit dem schrillen Kreischen überbeanspruchter Aktivatoren krachte der Mech wieder auf den Boden der Rotland-Ebene, und Harrison musste mit den Kontrollen ringen, um die 70 Tonnen bewegten Metalls aufrecht zu halten.
Nachdem er zwei Schritte nach vorne gemacht hatte, um die Wucht des Aufpralls abzufangen, konnte er sich endlich wieder nach seinem Gegner umsehen.
Dessen Mech hatte sich nicht weit von seiner letzten Position wegbewegt, und seine unbeholfen wirkenden Bewegungen ließen erahnen, dass mindestens ein Teil der Bündelladungen in den kopf der Maschine eingeschlagen waren und dabei den Piloten ordentlich durchgeschüttelt haben mussten.
Die momentane Schwäche seines Gegenübers ausnutzend, fiel Harrison mit seinem Mech in einen schnellen Trab, der ihn im Kreis um den feindlichen Mech herumführen würde.
Im Laufen gab er eine Breitseite aus PPK-, Raketen- und Autokanonenfeuer ab, die das nahezu bewegungslose Ziel in Arm- und Torsobereich trafen.
Dieses Bombardement schien Sterncommander Clark aus seiner Starre zu reißen, und schon rückte er wieder gegen Harrison vor.
Blendend helles Impulslaserfeuer schlug der Nemesis entgegen und verkochte mehr als eine halbe Tonne Panzerung auf der linken Torsoseite des Kampfkolosses.
Harrison antwortete mit einem gleißenden Blitz geladener Atomteilchen, die sich, Funken schlagend, in die rechte Seite des Bluthundes fraßen und dabei den letzten Rest der schon angeschlagenen Panzerung verkochten. Das blaue Feuer grub sich weiter in die interne Struktur der Mechschulter und ließ einen Wärmetauscher in einer grünen Kühlflüssigkeitswolke zerplatzen.
Das Gegenfeuer ließ nicht lange auf sich warten - Wieder schossen 40 Raketen, von weißen Kondensstreifen getragen, auf die Nemesis zu. Diesmal jedoch musste der Pilot des Bluthundes die Kreisbewegung der anderen Maschine kompensieren, was ihm nicht völlig gelang.
Einige wenige Raketen detonierten auf Armen und Torso, der Rest setzte seinen Weg ohne schaden anzurichten fort.
Weit treffsicherer waren die Impulslaser - wieder verkochten sie Unmengen an Panzerung auf der oberen Hälfte der Nemesis, diesmal aber stießen auch sie in die freigelegte interne Struktur vor.
In einem grellen Funkenschauer kündete einer der Aktivatoren im rechten Arm der Nemesis von seinem Ableben.
Getragen von einer Welle aus Adrenalinschüben, beschleunigte Harrison seinen Mech noch weiter - durch den Wärmetauscherausfall und das hitzeintensive Abfeuern aller seiner Waffen musste sein Gegner bereits hart an der Grenze zur automatischen Abschaltung des Mechreaktors stehen, wollte er keine Munitionsexplosion riskieren.
Harrison selbst hatte hingegen keinerlei Hitzeprobleme. Wieder feuerte er eine Breitseite aller Waffen ab.
Die Raketen waren zu hoch gezielt und schossen allesamt über ihr Ziel hinweg, die Partikelkanone blockierte mitten in der Ausrichtung, anscheinend eine Folge des Aktivatorenausfalls.
Die Autokanone jedoch hatte keine Probleme und sandte einen Hagel Bündelgranaten auf den Weg, die kurz vor ihrem Ziel detonierten und es mit einem Schrapnellhagel überschütteten.
Die meisten der Geschosse prallten von der noch intakten Panzerung ab, einige aber fanden ihren Weg in die freigelegte rechte Schulter.
Einen Moment lang bewegte sich der Bluthund noch unbeeindruckt weiter fort, dann plötzlich stieß eine gewaltige Stichflamme aus dem Raketenmagazin des rechten Mechtorsos. Die gesamten eingelagerten Raketen detonierten, von den Schrapnellen zur Explosion gebracht, in ihrer Lagerungen. Zwar konnte das CASE-System des Mechs einiges des Schadens nach draußen ableiten, indem die gewaltigen Energien der Explosion durch Sollbruchstellen vom Mech weg gesteuert wurden, dennoch wurde der rechte Arm der Maschine wie ein Geschoss davon geschleudert, während die Struktur der Torsoseite in sich zusammenbrach.
Siegesgewiss setzte Harrison zum Todesstoß an, hielt aber plötzlich inne, als der gebeutelte Feindmech in einer letzten Geste des Trotzes den verbliebenen linken Arm auf ihn richtete.
Nahezu gleichzeitig lösten beide Kontrahenten ihre Waffen aus.
Das Laserfeuer des Bluthunds schälte weitere Panzerung vom Torso der Nemesis und ein vereinzelter Schuss traf den rechten Arm ein weiteres Mal, wo er das Gelenk der PPK nun vollständig zur Erstarrung zerschmolz.
Harrisons Feuer hingegen war weit wirkungsvoller: Sowohl Raketen als auch LB-X-Granaten fraßen sich durch die zertrümmerte linke Seite der Maschine und sprengten in einer Serie von Sekundärexplosionen auch das letzte bisschen an internen Struktur, das den Mech auf den Beinen hielt.
Wie eine Marionette mit durchtrennten Fäden klappte der Koloss langsam in sich zusammen, während das Cockpit von einer Rauchwolke eingehüllt wurde, aus der kurz darauf die Rettungskapsel des Piloten hervorbrach und in den Himmel schoss.
Innerlich jubilierte Harrison - von nun an war er ein Mechkrieger der Geisterbären - dies konnte ihm nun niemand mehr nehmen!
Doch es gab noch mehr zu tun.
Ruhig bereitete er sich auf seinen nächsten Gegner vor, der soeben an der äußersten Grenze des Radarschirms aufgetaucht war. Sollte er diesen Krieger besiegen, würde er seinen Dienst bereits als Sterncommander beginnen.
Der Computer identifizierte die Feindmaschine als Höllenboten. Kleine Datenzeilen neben der Typenbezeichnung der Maschine gaben Auskunft über Bewaffnung, derzeitige Annäherungsgeschwindigkeit und einige weitere Informationen.
Laut Computer hatte er es also mit einem Höllenboten in der Alternativkonfiguration B zu tun. Mit 65 Tonnen war die feindliche Maschine 5 Tonnen schwerer als sein letzter Gegner, aber um ebensoviel leichter als sein eigener Mech.
Was Harrison am meisten zu schaffen machte, war die Bestückung des Gegners - die B-Variante war die einzige Konfiguration des Höllenboten, die keine allzu starken Abwärmeprobleme hatte, konnte mit dem Gaussgeschütz und den beiden Kurzstreckenlafetten jedoch immer noch ungeheure Schäden anrichten.
Die einzige Chance die Harrison blieb, war, vorzurücken und zu versuchen, die relativ schwache Panzerung seines Gegners schneller zu durchdringen, als dieser ihm den Garaus machen konnte.
Also beschleunigte er seinen Mech in Richtung des aus einem kleinen Wäldchen vorrückenden Höllenboten.
Auf maximale Entfernung löste Harrison seine Langstreckenlafette aus, die selbst dem Gaussgeschütz seines Gegners einiges an Reichweite voraus hatte.
Als nicht wenige der Raketen ihr Ziel fanden und am Torso und auf den Beinen des Höllenboten detonierten stieß er einen Jubelschrei aus. Gleich darauf richtete er seine Partikelkanone auf den Gegner, doch das zerschmolzene Gelenk blockierte mit einem trockenen Krachen und bewegte sich keinen Millimeter mehr. Die Sorge um die Waffe wurde Harrison jedoch sogleich abgenommen: Mit einem gewaltigen Krachen schlug eine Gausskugel in jenen Arm ein und riss ihn am Gelenk ab, kurz bevor der Knall der Überschallkugel über die Nemesis hinwegdonnerte.
Auch die LB-X Autokanone des Gegners spie nun Feuer. Obwohl wesentlich kleinkalibriger als seine eigene, scheuerte die Bündelmunition doch einiges an Frontpanzerung vom bereits angeschlagenen Torso seines Mechs.
Endlich war der Höllenbote in Reichweite, und auch Harrison setzte seine Autokanone ein.
In der Hoffnung auf einen schnellen Panzerdurchschuss beließ er die Kanone im normalen Hochgeschwindigkeitsfeuermodus.
Die Granaten detonierten zwar auf der Brustpartie des Gegners, konnten aber keine ernsten Schäden anrichten.
Dessen Vergeltungsschlag war fürchterlich: Harrison sah gerade noch, wie sich die Magnetspulen im Gaussgeschütz der Feindmaschine mit einem sanften Leuchten aufluden, dann blitzte auch schon das Projektil auf, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde.
Der Treffer saß solide mitten im Torso der Nemesis. Harrison konnte förmlich spüren, wie sich die Kugel ihren Weg durch die Interne Struktur seines Mechs bahnte, bis sie auf das schwer gepanzerte Gehäuse des Fusionsreaktors traf.
Überall auf seiner Konsole flammten rote Warnlichter auf und der Computer begann Warnungen zu bellen, während der Mech durch die geballte Wucht des Treffers nach hinten zu kippen begann:
"Kritischer Treffer - Fusionsreaktor"
"Kernschmelze geortet"
"Rettungssystem aktiviert"
"Achtung - Rettungssystem Fehlfunktion"
"Achtung - Eindämmungsfeld zusammengebrochen"
Schon begann sich das goldene Feuer der sich ungehemmt ausbreitenden Fusionsreaktion durch den Boden des Cockpits zu brennen.
In einer letzten verzweifelten Aktion packte Harrison die schwarz-gelben Griffe der manuellen Rettungsautomatik über seinem Kopf und riss sie nach vorne.
Ein lauter Knall, als die Haltebolzen weggesprengt wurden, dann noch einer, von einer zu spät auslösenden Richtladung, dann schoss der Schleudersitz unkontrolliert aus dem Cockpit des sterbenden Mechs, wobei er noch einmal gegen den Rahmen der Kopfstruktur rammte, bevor er schräg nach hinten in den Himmel stieg.
Schon die verspätet ausgelöste Richtladung hatte Harrison das Bewusstsein geraubt. Sein letzter Gedanke, bevor ihn die Schwärze umfing, war die wunderbare Befriedigung, als Mechkrieger des Clan Geisterbär im Kampf zu fallen.
Unbekanntes Flugfeld südlich der planetaren Hauptstadt, Standort geheim
Planet Arcadia, Clan Heimatwelten
05. November 3048
In mehreren langen Reihen waren alle Krieger des 50. Angriffssternhaufens der Beta-Galaxie angetreten, um im Schatten der gewaltigen Landungsschiffe auf ihre Einschiffung zu warten.
Unter ihnen auch Mechkrieger Harrison.
Nach fast 3 monatigem regenerativem Kryoschlaf hatten ihn die Ärzte der Geisterbären genau rechtzeitig wieder hergestellt, um den Beginn von Operation Revival als Frontklassekrieger der ersten Angriffswelle mitzuerleben.
Der brennende Schmerz, die Narben der Verletzungen, die lange Ungewissheit - All das war im Schatten der Ehre vergessen, welche die Krieger des Geisterbären in den kommenden Schlachten erringen würden.
Trial of Position
05.04.2023
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