Adrenalin I - Kapitel 08 - Abwesend: Sitzung

05.04.2023

Abwesend: Sitzung
Tharkad City, Tharkad
Mark Donegal, Vereinigtes Commonwealth
3.7.3054

Es war etwa elf Uhr morgens, als Nihongi an der Wohnungstür von July klingelte. Er musste kurz warten, dann öffnete sie. Nihongi trat mit einem freundlichen Lächeln ein und - sah John in der kleinen Wohnung sitzen, mit einem Sesamplätzchen im Mund und einem Wildbeerentee vor sich.
Nihongi sah ihn etwas irritiert an und John flüsterte ziemlich mitgenommen: "Ich geh gleich..."
"Nein, du kannst ruhig da bleiben... Ich wunder´ mich nur..."
July lächelte Ni an: "Naja, weil wir heute später zur Uni müssen, dachte ich, dass wir heute zusammen frühstücken könnten."
John nickte, schluckte sein Plätzchen herunter und lächelte July schüchtern an: "Also dann bis zum Seminar?"
"Ja, OK... Dauert ja nicht mehr lange."
Mit diesem Kommentar Julys ging John aus der Wohnung. Nihongi schloss die Tür und blickte July irritiert an: "Eh? Du hättest ruhig sagen können, wenn ihr zusammen frühstückt."
"Naja, nichts für ungut, dieses Mal eher nicht... John wollte mal unter vier Augen reden."
Nihongi sah sie noch verwirrter an, dann schüttelte July verärgert ihr Gesicht und seufzte laut auf: "Manchmal du bist echt schwer von Verstand! Wegen Ellen!"
"Hm, ach so diese Geschichte... Er muss wohl ziemlich daran knabbern?"
"Ja, das muss er. Ich hab jetzt volle zwei Stunden gebraucht, um ihn wieder etwas aufzurichten... Depressionen früh morgens sind nun wirklich nicht das Wahre!"
"Hm, was ist da eigentlich passiert? Verkraftet er´s nicht, dass Ellen sich für Sergej entschieden hat?"
Diesmal war es an July, irritiert zu schauen, dann seufzte sie ein zweites Mal: "Und mitkriegen tust du auch nichts! John und Ellen hatten was, aber sie hat dann ein paar Tage später Schluss gemacht und versucht´s jetzt bei Sergej."
Er sah sie verständnislos an: "Sag mal, wie alt seid ihr eigentlich? Fünfzehn?? Ihr macht rum wie unreife Teenager..."
Sie ächzte schwer: "Vergiss es einfach, ja? Männer kapieren so was eh nicht..."
Ni grinste: "Ja genau... So wird´s sein... Apropos... Ich hätte da auch noch ein Problem..."
"Ja?"
"Hm...", er blickte sie etwas verlegen an, "Du wirkst in letzter Zeit so komisch... Ist was?"
"Nein. Sollte denn was sein?"
"Ach, nur so..."
Er ging in die Wohnung, stellte sich in die kleine Kochnische und ließ heißes Wasser in das Waschbecken fließen. Sie sah ihm kurz über die Schulter: "Was machst du da?"
"Abwaschen? Einer muss ja die Überreste von eurem Frühstück beseitigen."
"Hm... Ja... OK."
Einen Moment lang sprach niemand.
"Sag mal, das Gespräch letztens zwischen mir und meinem Vater hast du nicht zufällig mitangehört?"
July blinzelte ihn an: "Wie kommst du jetzt auf das?"
"Naja, unsere Diskussion vor zwei Tagen über die Grenzkonflikte... Du warst da ziemlich irritierend
und auch etwas ausfällig. Da dachte ich..."
"Hm..."
"Ich meine... Ach egal. Aber du kannst dir sicher vorstellen, wie schwer es hier manchmal ist als Sohn eines Draconiers auf Tharkad... Seit den Clans hat sich das alles etwas gebessert, weil viele unserer Truppen damals Seite an Seite mit VSDK gekämpft haben. Aber... kompliziert ist es immer noch."
Sie lächelte verlegen: "Ich versteh dich ja..."
"Weißt du, ich weiß, dass ich zur Hälfte ein Draconier bin, aber ich fühle mich wirklich wie ein Lyraner... Ich versuche mein Bestes, um das tagtäglich aller Welt zu beweißen..."
July trat mit einem Lächeln an ihn heran: "Ist doch gut... Du brauchst dich nicht für deine Herkunft rechtfertigen oder schämen. Erst recht nicht vor mir."
Nihongi lächelte glücklich zurück: "Gut, das wäre dann also erledigt..."
"Eh, erledigt?"
"Ja... Das Abwaschen..." Er grinste sie an, schlängelte sich an ihr vorbei und verließ die Wohnung. July hielt ihn noch kurz zurück: "Ni?"
"Ja?"
"Dein Vater hatte recht. In meiner Familie sind schon mehre Menschen bei Überfällen der VSDK gestorben... Und wie ich es meinen Eltern erkläre, dass ich mich in einen Draconier verliebt habe, weiß ich nicht... Weißt du, bevor ich bei dir daheim war, war alles einfacher. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, in dir einen Draconier zu sehen. Vielleicht hab ich es auch etwas verdrängt... Als dein Vater sagte, dass er früher selbst ein VSDK war, ist mir dann langsam klar geworden, dass ich diese Sache nicht so einfach ignorieren kann. Aber ich versuche auch mein Bestes, ja? Gib mir einfach etwas Zeit, um richtig darüber nachdenken zu können..."
Nihongi nickte, drehte sich um und ging.

Halb zwölf Uhr morgens... Arnulf Wellerbein stand vor einem Grab. Einige hundert Meter vor ihm befand sich das - in diesen Sommertagen - ruhige Nordmeer. Der Friedhof hier, an dieser namenlosen Klippe, gehörte zu einer verschlafenen, wenige Seelen großen, Dorfsiedlung.
Wellerbein verlor sich in dem Blick auf das Grab... Drehte sich dann weg, verließ den Friedhof und ging an den Rand der Klippe, sah auf das stille Meer... Es war ein angenehmer, schöner Tag mit einem wolkenfreien Himmel, einer strahlenden Sonne und warmen Temperaturen. Fast so war es damals auch gewesen, an diesem schicksalsträchtigen Tag Anfang Dezember 3028...



"Woran denkst du, Boss?"
Die Frage riss völlig ihn aus seinen Gedanken, er zuckte zusammen und sah zur Seite, sah hinüber zu dem Mech, in dem die Frau, die diese Frage gestellt hatte, Claudia Smithener, saß. Er konnte praktisch durch das Kom sehen und hören, wie die kleine Person mit ihren kurzen schwarzen Haaren ihn lustig anblitzte an und sich selbst kommentierte: "Natürlich an nichts... Wie könntest du auch? Du denkst ja nie an etwas..."
Arnulf verdrehte seine Augen: "Doch, ich denke an etwas, Claudia!"
Die Schwarzhaarige lachte amüsiert: "Was ganz Neues! Und willst du es mir auch mitteilen?"
Arnulf schwieg... Sah weiterhin nur geradeaus auf die kalten weißen Gletscher voraus. Es war ein herrlicher, sommerlicher Tag. Nur die Gletscher erinnerten ihn daran, dass sie hier im Norden des Planeten waren. Hier im Tal hatten die Temperaturen bisher angenehme 20° C erreicht. Wenige Kilometer weiter begann bereits der hiesige nördliche Ozean und er gedachte, ihn zu sehen... Zumindest hatte er das vorgehabt. Aber zuerst waren da die VSDK...
"Arni? Du kannst es mir gerne sagen..."
Claudias Greif zog an Wellerbeins Kriegshammer vorbei...
"Zurück ins Glied, Oberleutnant!" bellte der Hauptmann urplötzlich in sein Kom.
Claudias Mech verlor wieder Geschwindigkeit und nahm seine ursprüngliche Marschposition in der Kompanie ein.
"Weißt du, Claudia, diese ganze Sache hier draußen gefällt mir nicht. Die Dracs ziehen uns hier in Gefechte, die sie bestimmen. Ich hab einfach ein mieses Gefühl dabei." Murmelte der Hauptmann leise in die Privatverbindung zwischen den beiden Mechs.
"Jetzt mach´ dir mal nicht ins Hemd, Hauptmann! Immerhin haben wir sie doch bisher richtig nett vor uns her getrieben!"
Arnulf lächelte... Ja, seit dieser Krieg begonnen hatte, mussten die Dracs mit Blut zahlen. Niemand hatte das voraussehen können und dementsprechend euphorisch war man hier an der Front. Der große Feind, das mächtige Draconis-Kombinat, wurde geschlagen. Ein ums andere Mal. Die Moral der Truppen war hervorragend angesichts solcher Meldungen. Die Rationen schmeckten, das Wetter war immer gut und niemand nörgelte über Versorgungsengpässe...
Wie hier auf Camlann, wo die lyranischen Angreifer, an die fünf Regimenter, darunter zwei volle MechBataillone, drei draconische Regimenter, die allerdings etwa eine Kompanie mehr Mechs besessen hatten, in einem gnadenlosen und heftigen Sturmangriff in den Boden gestampft hatten.
Der Planet war damit gesichert, erobert, befreit, wie auch immer man das nennen wollte... Befriedet war er noch lange nicht. Die Lyraner hatten zwar die Masse der draconischen Regimenter in Schrott verwandelt, aber es waren leider auch eine Menge Gegner entkommen und hatten sich in die unzugänglichen Bergregionen des Planeten geflüchtet, von wo aus sie versuchten, sich neu zu formieren, während die LCS verzweifelt versuchte, sie zu stellen.
"Sicher... Sicher haben wir bisher den Staub mit ihnen gewischt. Aber das war ja auch nicht so schwer bei konzentrierten Angriffen, bei denen wir immer deutliche Überlegenheit hatten, Claudia."
"Hey! Wir sind besser wie die!! Diesmal sind wir besser!" In Claudias Stimme schwang wieder dieses unnachahmliche Glücksgefühl mit...
"Ja... Vielleicht... Seit zwei Monaten. Und die letzten beiden zwei Jahrhunderte waren die besser."
"Ach, lass deinen Sarkasmus doch endlich!"
"Sweetheart, wir haben sie bisher nur geschlagen, weil wir jedes Mal in Überzahl waren und weil unsere Kommandeure echt ein paar helle Augenblicke hatten... Aber hier kämpfen wir nach ihren Regeln... Die können uns Fallen stellen wo und wie sie wollen. Is´ ja auch klar, die kennen das Gelände. Waren ja lang genug da oben. Abgesehen davon, dass wir jetzt wohl in die Eins-zu-Eins - Situation kommen..."
"Und wo ist das Problem?"
"Das sind VSDK!"
"Du denkst zu viel, Arni."
"Was soll ich sonst tun? Ich bin Kommandeur dieser Kompanie."
Er hört Claudia leise in das Kom lachen... "Ich hätte dich diese Nacht noch etwas mehr fordern sollen..."
Arnulf lachte ebenfalls: "Noch mehr?? Willst du mich fertig machen? Du bist ja so schon anstrengend genug..."
"Hey!" protestierte Claudia spielerisch, "Du bist anstrengend, nicht ich!"
Arnulf antwortete nichts darauf... Dieser kleine schwarzhaarige Wirbelwind hatte es ihm seit der ersten Stunde angetan, seitdem sie sich kannten. Das war vor einem halben Jahr gewesen, als er von seiner alten Truppe weg versetzt worden war und diese Kompanie übernommen hatte. Es hatte ein, zwei Wochen gedauert, dann war klar geworden, dass die beiden ein Paar werden würden.
Dann war dieser Krieg gekommen, der einiges verändert hatte. Die Angst, sie den nächsten Tag oder im nächsten Augenblick verlieren zu können, hatte ihn mutiger, direkter, zutraulicher werden lassen. Und sollte er heute, morgen oder übermorgen fallen, dann blieb das Wissen, dass er die letzten Wochen mit Claudia gelebt hatte.
"Feindkontakt!"
Sekundenbruchteile, nachdem dieser Ruf über das allgemeine TakKom gekommen war, beendete Arnulf die private Leitung und schaltete auf das KompanieKom: "Bericht!"
"Da oben auf dem Berg vor uns steht ein Panther."
Die Meldung kam von dem Piloten des Kampftitan, der schwersten Maschine in der Kompanie. Der Mech war von den Kämpfen, wie fast alle Mechs der Einheit, ziemlich mitgenommen worden, hatte schwere Schäden an den frontalen Panzerplatten, dazu waren zwei mittelschwere Laser und ein MG ausgefallen. Insgesamt hatte Wellerbeins Einheit bislang fünf Mechs eingebüßt, wobei glücklicherweise keiner der Piloten gefallen war, sondern im schlechtesten Fall für einige Monate im Lazarett lag. Arnulf hatte auf die Verluste reagiert und Scout- und Kampflanze zusammengefasst.
Der Hauptmann sah in die betreffende Richtung und kommentierte ins Kom: "Ja, ich sehe ihn."
"Was tut der Idiot da oben? Es muss ihm doch klar sein, dass wir ihn sehen..." Dieser Kommentar stammte vom Piloten der Hornisse, einem Überbleibsel der Scoutlanze.
Arnulf sah kurz genauer hin, dann zögerte er und zischte: "Er winkt uns, Leutnant."
"Wieso sollte er so was tun?"
"Er möchte, dass wir ihm folgen... Und in die Falle gehen... Smithener?"
"Ja, Hauptmann?"
"Wie groß ist laut den Informationen der Logistik die VSDK-Streitmacht dort oben?"
"Laut LNC sind da oben zwei, maximal drei Mechs..."
Arnulf murmelte leise ins Kom: "Also entweder drei Mechs in überlegener Hinterhaltposition oder eine bis zwei Lanzen. Oder beides."
"Und was tun wir jetzt, Boss?" hörte er die jetzt leise, fast schon zerbrechliche Stimme von Claudia.
Der Hauptmann überlegte keinen Moment: "Angreifen, was sonst? Smithener, funken Sie das HQ an, ich möchte einen Heli, Senkrechtstarter oder sonst etwas fliegendes hier haben, das die Lage da oben auskundschaftet. Funken Sie weiterhin, dass wir möglicherweise Jäger anfordern... Ansonsten folgen wir dem Panther da oben."
"Aber Hauptmann, Sie meinten doch gerade, das ist eine Falle..."
"Von der wir jetzt wissen, das sie existiert. Halten Sie Ihre Augen offen! Das Oberkommando benötigt die meisten unserer Truppen auf anderen Planeten. Wir können es uns nicht leisten, hier ein paar Monate lang versprengte Drac-Reste zu jagen!"

Es hatte an die vier Stunden gedauert und die sieben Mechs hatten den Aufstieg geschafft. Sie waren über einen Pass nach oben gestoßen, der selbst der schwersten lyranischen Maschine, dem Kampftitan, erlaubte, nachzukommen. Hier an der Grenze zum ewigen Eis, in 2000 Meter Höhe, konnte ein falscher Schritt schon für einen Menschen das Ende bedeuten und für einen 85-Tonner erst recht. Da war es klar, dass man Acht geben musste. Hinzu kam, dass in dieser Höhe das Atmen natürlich schwerer fiel als im Tal. Wellerbein hörte im offenen TakKom seine Leute immer angestrengter Luft holen...
Der Plan der Draconier hatte sich als durchschaubar, eigentlich enttäuschend durchschaubar, herausgestellt. Der angeforderte Scout, ein Hubschrauber der Frettchen-Klasse, hatte
die Lage gesondert und auf einem Hochplateau, etwas ein Kilometer westlich und fünfzig Meter weiter in der Höhe, neben dem Panther, der immer auf Sichtlinie blieb und sie weiter in die Höhe und in die vermeintliche Falle lotste, zwei weitere draconische Mechs, eine Wespe und einen Dracon, ausgemacht, sowie die Fußspuren einer leichten und einer schweren Maschine, die in einem schwer einzusehenden Tal verschwanden... Die Fußspuren der Mechs waren in den Eis- und Schneefeldern hervorragend zu lokalisieren.
"Er bleibt stehen!" rief der Pilot des Kampfschützen. Als Arnulf in die Richtung des Panthers sah, bemerkte auch er, dass der leichte Mech wirklich stehen geblieben war und nun, etwa fünfhundert Meter vor ihnen, auf einem etwas höheren Felsenabhang scheinbar auf einen Gegner wartete.
"Das Schwein hol ich mir!" knurrte der Kampfschützen-Pilot in sein Kom.
"Stopp!" fauchte Wellerbein, "Oberleutnant, Sie machen nicht einen Schritt!"
"Aber Hauptmann! ´Nen einzelnen Panther putz ich weg wie nichts."
"Sicher... Sofern Sie den Sturz überleben... Sehen Sie mal ein paar Meter voraus! Sehen Sie das breite Schotterfeld da vor uns in der Schräglage... Er muss die oberen Felsen nur etwas in Erschütterung bring und Sie stehen mitten in einem Steinschlag - und stürzen mitsamt den Felsen den Berg runter... Panther ignorieren! Smithener!"
"Ja, Boss?"
"Springen Sie mal auf die Felsformation links von Ihnen und schauen Sie nach, wie wir hier weiterkommen."
Ohne weiteren Kommentar sprang der Greif auf den Felsvorsprung und sah sich einen kurzen Moment das Gelände an: "An der rechten Flanke führt ein Seitental abwärts. Sieht so aus, als würde es wieder zurück ins Tal führen. Großes Schneefeld. Sieht verdammt lawinengefährdet aus. Hier an der linken Flanke führt ein enger Pass nach oben, der nach so fünfzig Meter breiter wird und in das nächste Höhenplateau mündet. Schneefeld wirkt geringmächtig, ebenfalls Schneefeld an den höheren Hängen, keine akute Lawinengefahr erkennbar. Allerdings Hinterhalt auf dem Aufstiegspaß möglich, sonst alles OK."
"Hm..."
Er bellte in das TakKom: "Mensson, Karlinger, Teng, sichern Sie zusammen mit Smithener diesen Aufstiegspaß."
Die restlichen drei sprungfähigen Mechs der Einheit, eine Hornisse, ein Derwisch und ein Dunkelfalke sprangen nun auf weitere höhere Felsen und sicherten den Pass zu allen Seiten ab... Wellerbein blieb einen Moment stehen, ob möglicherweise einer der vier Mechs einen Gegner sichtete und eine mögliche Falle identifizierte... Nichts geschah. Wellerbein winkte mit seinem PPK-Arm den beiden anderen Mechs, die außer seinem Kriegshammer nicht sprungfähig waren, dem Kampftitan und dem Kampfschützen.
Er ging als erster. Und erschauderte kurz... Wenn diese Sache hier beendet war, musste er mal dringend mit Claudia darüber sprechen, was man als ´Pass´ identifizieren konnte und was nicht mehr. Dieser ´Pass´ war etwa zehn Meter breit, links davon ging es senkrecht nach unten, rechts davon senkrecht nach oben... Unnötig zu erwähnen, dass dieser Weg natürlich uneben war...
"Wellerbein an Rest. Immer nur einer. Ich geh als erster."
Nach einer Viertelstunde hatte er seine sieben Mechs wieder zusammen auf dem nächsten Plateau, alle an einem Stück zwar, aber etlicher Nerven beraubt. Der Gang über diesen ´Pass´ war Irrsinn gewesen und Wellerbein schwor sich, den Rückweg anders zu gestalten. Draconische Mechs waren keine gekommen, aber der Panther hatte ihnen während der ganzen Aktion zugesehen. Glücklicherweise war der eigentliche Pass von dem draconischen Mech weder gut einsehbar noch angreifbar gewesen. Dann ging es weiter.
Die lyranische Einheit rückte weiter vor und der Panther führte sie langsam die Hänge hinauf. Bis plötzlich der Dracon und die Wespe den Hang herunter kamen und hinter zwei Felsvorsprüngen in Deckung gingen. Wie der Panther.
"Boss?"
"Smithener?"
"Was soll der Mist? Die greifen ohne Zwei an..."
"Überlege ich auch gerade an..." murmelte er in das Kom, während er seine Augen auf der digitalen Karte dieses Gletschersystems hatte... Einige Felder der Karte waren weiß, aber das meiste war erforscht und mit Oberflächenformen und Isohypsen überzogen.
"Leutnant Mensson, Oberleutnant Pamilainen, postieren Sie sich hinter der Felsformation rechts und achten Sie auf die Vorsprung ganz rechts außen."
Die Hornisse und der Kampfschütze stellten sich ohne jegliche Fragen dort hin. Wellerbein grinste bösartig ins Kom: "Wenn mich nicht alles täuscht, dann werden da gleich ein Leichter und ein Schwerer auftauchen und annehmen, dass sie uns überraschen..."
Praktisch im selben Augenblick kam eben dieser besagte schwere Mech um die Ecke, sah die beiden Mechs auf sich zukommen und verschwand schnell wieder hinter seiner Deckung.
"Oberleutnant, haben Sie gesehen, was es für einer war?"
"Kreuzritter, Hauptmann."
"Gut. Position halten, auf keinen Fall mehr... Smithener, nehmen Sie sich Karlinger und Teng und springen Sie auf die Felsdöme links von Ihnen. Sobald Sie in geeigneter Angriffsposition sind, greifen wir den Dreier-Verband da oben von zwei Seiten aus an..."
Claudias Greif sprang zusammen mit dem Derwisch und dem Dunkelfalke aus dem eigentlichen Gebiet und besetzte langsam aber beharrlich die Flankenposition... Arnulfs Blick ging wieder auf die Hänge. Die VSDK hatten das Gelände gut gewählt. Hier war das meiste nur Fels, kaum Schnee bedeckte das Gebiet, beziehungsweise die höherliegenden Stufen. Eine mögliche Lawinengefahr war praktisch ausgeschlossen... Niemand hier oben war so wahnsinnig, die Kräfte der Natur herauszufordern. Steinlawinen waren schon schrecklich genug, aber Masse, Geschwindigkeit und Wucht einer Schneelawine, die hier oben mehr als leicht durch eine klitzekleine Erschütterung ausgelöst werden konnte, vernichteten alles.
"Oberleutnant Woitila, wir beide bleiben hier in der Deckung und warten, bis unsere sprungfähigen Maschinen soweit fertig sind..."
"Hauptmann... Da oben passiert was..."
Wellerbein starrte den Kampftitan irritiert an, dann sah er nach oben - und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Die drei Mechs waren aus ihrer Deckung getreten und griffen an... Plötzlich wurde es ihm klar. Die drei mittelschweren Mechs der Einheit waren momentan außer Griffweite. Zur Zeit bedeutete das, dass die Lyraner in numerischer Unterlegenheit kämpften... Der draconische Offizier hatte die Gunst des Moments genutzt und diesen beinahe schon unaussprechlichen taktischen Blackout Wellerbeins genutzt...
Wellerbein schüttelte die Bedenken von sich ab. Trat aus seiner Deckung und hatte den Dracon vor Augen, keine zweihundert Meter vor ihm, der in Höchstgeschwindigkeit gegen die lyranische Stellung anrannte. Der Kampftitan verließ seine sichere Stellung ebenfalls und - konnte nur noch sehen, wie der Panther und die Wespe ihre Sprungdüsen aktivierten und sich in die Lüfte hoben...
"Wellerbein an Smithener!!"
"Boss?"
Wellerbein war nahe daran, in Panik zu verfallen: "Claudia, schaff deinen Hintern sofort her! Wir werd..." Weiter kam er nicht. Das Kreischen landender Sprungdüsen übertönte alles in der näheren Umgebung... Er sah zur Seite und erkannte einen Jenner, den fünften draconischen Mech... Explosionen rechts. Der Kreuzritter trat wieder aus seiner Deckung und feuerte aus allen Rohren. Die Wespe landete neben ihm, der Jenner brach nach rechts aus, brachte sich direkt hinter den Kampftitan. Der Kampfschütze trat aus der Deckung und belud den angreifenden Kreuzritter mit einer vollen Breitseite, während die lyranische Hornisse wendete und den Panther, der keine paar Meter hinter ihr gelandet war, angriff... Wellerbein fühlte eiskalte Wut in sich aufsteigen, drehte seinen Torso, hatte die Wespe im Visier - und feuerte. Neben ihm wendete auch der Kampftitan, gerade rechtzeitig, um dem Jenner seine Flanke statt seinen Rückenpartien zu reservieren. Die volle Breitseite des leichten Mechs, bestehend aus den vier Lasern und den Kurzstreckenraketen, die den Jenner wohl völlig überhitzen musste, zerstörte das zweite MG des 85-Tonners, sowie einen weiteren Laser und schmolz Unmengen an Panzerung. Die draconische Wespe verschwand unter einer Feuerwand aus Explosionen. Wellerbein hatte alles bis auf seine beiden PPKs eingesetzt. Diese Wespe würde nun dafür bluten, einen Kriegshammer herausgefordert zu haben... Er wartete kurz, um seinen Wärmetauschern Zeit zu geben, den Mech abzukühlen. Als er plötzlich von Einschlägen durchgeschüttelt wurde. Der Dracon war nah dran... Und hatte dem KHM einen kleinen Willkommensgruß gesandt. Arnulf blickte nach rechts... Verdammt, wo blieb Claudia?? Die Wespe war noch am Leben, wenn auch offenbar nur auf Raten. Und feuerte ihren Laser gegen den Kriegshammer ab... Traf an der Seite, wich hinter einen Felsen aus. Wellerbein schüttelte sich, wendete, aktivierte alles und visierte den Dracon an... Neben ihm hatte sich der Kamptitan in eine akzeptable Position gebracht um zuzuschlagen, aber der wendigere Jenner wich jedes Mal gekonnt aus... Leutnant Mensson schaffte es irgendwie, in seiner Hornisse den Panther zu binden und der Kampfschütze ließ den Kreuzritter nicht vorbei... Wellerbein schoss. Einige Raketen gingen daneben, ein Laser und eine PPK bohrte sich in den Felsen neben dem Dracon. Die Wärmeskala in dem Hammer schoss augenblicklich hoch. Arnulf glaubte, Feuer einzuatmen. Als sich plötzlich drei Mechs - dem Hauptmann erschienen sie in diesem Moment wie Engel - über das Kampfgebiet senkten und landeten... Der Derwisch und der Dunkelfalke begannen sofort, gegen den Dracon vorzugehen und der Greif blieb neben dem Kriegshammer stehen. Wenige Sekunden lang hörten sie noch die Explosionen, dann herrschte Stille... Wellerbein sah sich um und hörte plötzlich die Kapitulationsnachricht des draconischen Kommandeurs auf seinem Kom. Während die Sensoren des Hammers meldeten, dass sämtliche Mechs der Draconier ihre Waffen herunterfuhren und stehen blieben... Wellerbein lächelte vergnügt und bellte in sein TakKom, die VSDK nicht mehr anzugreifen, als sich Claudia auf einer sicheren Leitung meldete: "Na, Arni, ich hab dir doch gesagt, dass wir besser sind als die..."
Er wollte etwas erwidern, sah aber plötzlich in seinen Augenwinkeln, wie die Wespe aus ihrer Deckung hervorkam und feuerte. Sie schoss zwar daneben, aber es war genug Feindseligkeit in diesem Akt... Die restlichen draconischen Mechs blieben regungslos stehen und Wellerbein hörte, wie der draconische Kommandeur etwas auf Japanisch über die Außenlautsprecher der Wespe zurief, als sich der Greif regte und gemächlich lostrabte...
"Claudia, was soll das?"
"Ich hol mir diesen Dreckshund..."
"Keine gute Idee... Der Derwisch ist dafür besser geeignet..."
Der Greif war bereits um die Ecke verschwunden... Arnulf fluchte in sein Kom und schaltete auf den Einheitskanal um: "Oberleutnant Woitila, Sie übernehmen hier solange... Ich sichere Smithener. Sollten sich die VSDK einmal bewegen, warnen Sie sie. Bewegen sie sich ein zweites Mal, wegfegen!
Wenn Sie ihre Waffen hochfahren, ohne Vorwarnung zusammenschießen!"
"Verstanden, Hauptmann."
Er beschleunigte seinen Kriegshammer, lief um die Ecke und sah die beiden Mechs in einiger Entfernung, an einem Abhang stehen, wie sie sich in Nahkampfentfernung umschlichen...
"Claudia, verdammt! Weg von dem Abgrund!!"
Die Wespe drehte sich zu dem schweren FrontMech, dann wieder zum Greif, stand kurz still, beschleunigte aus dem Stand und rammte den Greif in vollem Lauf... Die beiden Mechs schwankten einen Moment, dann stürzten sie die Wand hinunter.
Wellerbeins Schmerzschrei endete erst nach einigen Sekunden - als er beide Maschinen zerschmettert auf einem Felsvorsprung dreihundert Meter tiefer liegen sah. Dann begann er leise zu weinen...

Oberst James Arkinson saß über einige Unterlagen gebeugt in seinem Stuhl, als Wellerbein eintrat. Arkinson sah kurz hoch, legte seine Unterlagen zur Seite und nickte dem Hauptmann zu. Wellerbein salutierte und blieb stehen.
"Setzen Sie sich, Hauptmann." Kommentierte der Oberst und wies seinem Untergebenen den Stuhl an, der ihm gegenüber stand. Er kramte kurz in einer Schublade seines Arbeitstisches und ließ einen Zwanzig-Seiten-Bericht auf den Tisch fallen. Dann wandte er sich wieder dem Hauptmann zu: "Ich habe Ihren Bericht gelesen..."
Er seufzte kurz, stand auf, verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken, ging an sein Zimmerfenster und sah hinaus... Ein malerischer Ort, wunderschöne Berghänge weit im Norden, ein Fluss, der sich zwischen der kleinen Stadt hindurchschlängelte und weite, unentdeckte Wälder... Vielleicht so 25° C. Sommer...
Arkinson erhob seine Stimme: "Sie waren mit Ihrer Kompanie seit Beginn dieser Offensive durchgehend im Einsatz. Ihre Leistung während des anfänglichen und entscheidenden Angriffes war bemerkenswert, genauso wie Ihr Können in den Folgegefechten... Ich war mehr als überrascht, als ich Ihren Bericht gelesen habe..."
Er setzte kurz ab, drehte sich und sah dem Hauptmann in dessen Gesicht: "Ich habe die teilnehmenden MechKrieger, sowohl die Ihrer Einheit als auch die gefangengenommenen VSDK, befragt. Alle bestätigten, dass Sie auch in diesem Gebirgsgefecht hervorragende Arbeit geleistet haben und der Verlust des Greifen und Oberleutnant Smithener nicht zu verhindern war. Man hat Sie gewissermaßen von den Vorwürfen frei gesprochen, die Sie in Ihrem Bericht gegen sich selbst erhoben haben."
"Aber..."
Arkinson hob seinen Finger und brachte Wellerbein zum Verstummen: "Schweigen Sie! Sagen Sie, Sie waren doch mit Oberleutnant Claudia Smithener liiert, oder nicht?"
Arnulf nickte still. Und fühlte wieder den Kloß in seinem Hals.
"Und Sie haben diesen Bericht noch am selben Abend nach dem Kampf verfasst?"
Wellerbein nickte wieder. Der Oberst redete weiter: "Dann wollen wir diesen Bericht ganz schnell vergessen. Oberleutnant Woitila hat an Ihrer Stelle vor einigen Stunden einen zweiten Bericht verfasst, der sich deutlich anders liest und durch die Aussagen aller Beteiligten, auch durch die der Draconier, bestätigt wurde..."
"Kein Kriegsgericht?" flüsterte Wellerbein.
Der Oberst lachte leise: "Nein, kein Kriegsgericht! Sie und Ihre Einheit bekommen fünf Tage Fronturlaub. Erholen Sie sich etwas und versuchen Sie, die letzten Wochen zu vergessen. Ehrlich gesagt, war es unverantwortlich von mir, Sie sieben Wochen durchgehend im Kampf zu halten. Das war eine enorme psychische Belastung..."
"Aber... Ich habe versagt..."
"Halten Sie Ihren Mund!" kommentierte Arkinson trocken. "Es geht übrigens bald weiter."
"Oberst?"
"Sie waren nicht der einzige, der die VSDK in den letzten Tagen schlagen konnte. Wir haben die meisten draconischen Widerstandsnester ausgehoben und zerschlagen. In acht Tagen geht´s weiter nach Aubisson. Wir lassen hier etwa drei Bataillone zurück, die Camlann sichern sollen... Der Rest wird auf Aubisson noch mehr Drachen töten... Sie bekommen wieder eine volle Kompanie. Die Verluste, die Ihre Einheit bislang verkraften musste, werden durch neue Mechs ausgeglichen..."
"In Ordnung, Sir."
"Gut... Eh... Und Hauptmann... Ich denke, ich kann mir vorstellen, welche Gefühle Sie gerade haben und wie Sie sich fühlen, so was machen wir leider alle mal durch. Aber ich muss Sie leider bitten, sie zu vergessen. Wir werden uns auf Aubisson keine Kompaniekommandanten leisten können, die vor Trauer das Kämpfen vergessen..."
Wellerbein sah ihn kurz an und nickte dann: "Aber tun Sie mir bitte einen Gefallen... Bergen Sie Claudias ...Körper. Ihre Familie würde es sicher gerne sehen, wenn man ihr Grab nicht nur mit einer
Flagge füllen könnte..."
Arkinson überlegte kurz: "Ist in Ordnung... Sonst noch was?"
"Nein, Herr Oberst."
"Gut. Wegtreten!"



Wellerbein seufzte tief durch, wischte sich eine Träne aus dem Auge und verließ die Klippe in Richtung Friedhof. Er versuchte, seine Gedanken zu verscheuchen, aber hier und jetzt, an ihrem Todestag nach dem Kalender von Camlann, vor ihrem Grab gelang es ihm nicht.
Er hörte Schritte hinter sich. Ohne sich umzusehen flüsterte er: "Du kommst spät, Sandra."
"Und du bist wie immer früh, Arni..."
Er sah sich um und blickte in das Gesicht von Sandra Karlinger, die damals den Derwisch geführt hatte. Claudia und Sandra waren damals schon länger Lanzenkameraden gewesen und hatten sich wie Schwestern verstanden.
Sie schwiegen einen Moment.
Dann flüsterte Arnulf heißer: "Weißt du, ich habe immer nur das Beste gegeben, war immer voll da, hab meinen Verantwortung, euch lebend wieder zurückzubringen, immer über alles andere gestellt.
Und nur ein einziger Pilot ist unter meinem Kommando jemals gestorben... Und das war sie..."
Sandra trat wortlos an ihn heran und legte ihren Arm beruhigend um ihn. Arnulf kämpfte seine Tränen
nieder und brachte seine Stimme wieder unter Kontrolle: "Ich würde jederzeit euer aller Leben geben, um auch nur eine Minute länger mit ihr zu haben..."

Sergej wartete geduldig in dem kleinen Vorzimmer. Ellen saß neben ihm und blickte ihn noch einmal an: "Und du willst das wirklich machen?" Ihre Stimme hatte immer noch einen leicht säuerlichen Klang.
Sergej sah zurück: "Ellen, ich lebe für das!"
"Hm, zu schade, dass du den Nagelring dann nicht geschafft hast."
Er zuckte wie unter einem Schlag zusammen und plötzlich zuckte auch Ellen zusammen: "Sorry... Tut mir leid... Ist mir rausgerutscht... Ich wollte nicht..."
Plötzlich öffnete sich die Zwischentür und ein kleiner, untersetzter Mann trat ein.
"OK, Herr Zito. Er wäre dann soweit..."
Sergej schien sofort das Interesse an Ellen zu verlieren, nickte dem Mann zu und ging den Weg entlang, den der Fremde geöffnet hatte. Dieser wandte sich an Ellen: "Folgen Sie mir bitte."
"Eh, wollen Sie ihn nicht begleiten?"
Der Fremde grinste kurz: "Och, Sergej kennt den Weg..."
Er führte Ellen in eine gläserne Lounge, die außerhalb des Gebäudes angebracht war und Ausblick auf ein kleines, scheinbar unberührtes Seitental gestattete. Hier am Stadtrand von Tharkad City gab es mehrere dieser Landstriche, die der Bevölkerung als Naherholungsgebiet diente. Dieses Tal hier war Schauplatz eines ganz besonderen ´Sportes´...
"Setzen Sie sich ruhig." Kommentierte der Mann und setzte sich an einen Tisch, auf dem einige Monitore, Scanner, Analysegeräte und ein Kom-Gerät standen. Ellen setzte sich in einen bequemen Sessel, an dessen Seite ebenfalls einige Geräte montiert waren, sowie ein Funkgerät.
"Warten Sie noch etwas..."
Und Ellen wartete. Vor ihr standen einige Getränke und Chips auf einem Tisch und sie bediente sich. Eher aus Langeweile...

Einige Minuten später fühlte Ellen etwas Schweres auf sie zu kommen, etwas, das den Boden zum Zittern brachte. Ihre geheimsten Alpträume wurden wahr, als sie die exotische und ungewöhnliche Form des Marodeurs vor sich auftauchen sah. Der Gedanke, dass Sergej dieses Monster steuerte, beruhigte sie etwas, widerte sie zugleich aber auch an.
Der Mann neben ihr aktivierte sein Kom: "Sergej? Hörst du mich?"
"Ja, Jerry! Klar und deutlich!" tönte die vor Glück zitternde Stimme von Ellens Freund durch die Lautsprecher der Lounge.
"OK... Dreh nicht durch, ja?" lachte Jerry leise.
"Hm... Wieso denn?" feixte Sergej.
Jerry wurde ernst: "Ich hab´s dir doch schon erklärt! Du steuerst hier keinen SchauMech wie unsere anderen Modelle, sondern einen richtigen Mar-5D! Richtige Sprungdüsen, Sensoren, Wärmetauscher - und echte Waffen! Also krieg dich wieder ein. In dem Cockpit von diesem Monstrum wären schon einige meiner Gäste durchgedreht, weil sie das Hochgefühl nicht vertrugen..."
Ellen wandte sich schockiert an den untersetzten Mann: "Eh, bitte?? Das ist ein echter BattleMech??"
Jerry nickte: "Ja, aber keine Angst, ich kann von diesem Kontrollpult hier alles ab- oder einschalten, was ich will. Der Pilot ist nur solange autonom wie ich das für klug halte. Im Notfall kann ich den ganzen Mech auch stilllegen."
"Hm, OK... Aber ich dachte, Sie vermieten nur SchauMechs, die gerade einmal gehen können."
"Normalerweise. Aber den da..." er deutete auf den Marodeur, "...vermiete ich auch nur an ganz besondere Kunden. Auch nur für die Hälfte der maximalen Zeit..."
Etwas piepste auf. Sergej meldete sich... "Sag mal Jerry, meinst du, ich könnte mal eine PPK..."
Jerry grinste kurz: "Vergiss es! Wenn du auch nur eine Waffe aktivierst, leg ich dich sofort still."
"Und die Sprungdüsen?"
"Die sind OK..."
Sergej schaltete ab, stand einen Moment still und beschleunigte dann aus dem Stand, rannte das Tal herab, wendete und steuerte den Mech zurück.
"Was tut er da?" fragte Ellen verwirrt.
Jerry sah kurz auf: "Er gibt ihm etwas Auslauf, lässt ihn warmlaufen."
"Hm... Blöder Sport..." flüsterte Ellen.
Jerry sah sie an und lächelte: "Sie mögen keine Mechs?"
"Ja."
"Haben Sie´s mal versucht? Ich denke, ich hätte für den Anfang genau das richtige für Sie. Ein völlig ungefährlicher Dunkelfalke mit vergrößerten Cockpit. Sie können da als Copilot mit rein... Und dann vielleicht was leichtes... Ein großer AgroMech, den Sie dann mal selbst steuern können."
Sie schüttelte ihren Kopf: "Nein danke... Kein Interesse."
"Hm... Dann werden Sie Sergej aber nie verstehen."
Ellen sah ihn fragend an und Jerry redete weiter: "Die Faszination, einen Mech zu steuern können Sie erst dann richtig nachvollziehen, wenn Sie mal selbst ein paar Tonnen unter dem Hintern hatten..."
Jerry wendete seinen Blick und sah dem Marodeur zu. Er verfiel in Schweigen, dann flüsterte er:
"Erst recht, wenn es 75 Tonnen reine Bösartigkeit sind... Dieses Machtgefühl kann man einfach erst dann verstehen, wenn man es erlebt..."
Der Marodeur wendete wieder, beschleunigte und sprang... Sergejs lauter und ungezügelter Siegesschrei donnerte durch das Kom... Bis der Mech sich wieder senkte und durch seine Landung die Erde zum Beben brachte...


Älterer Artikel von mechforce.de. Nicht mehr online.




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Erstversion vom 05.04.2023. Letzte Aktualisierung am 05.04.2023.


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