Misha Auburn, die Autorin diese Berichts, ist die älteste Tochter des lyranischen Hofhistorikers Thelos Auburn und eine enge Freundin des designierten Archon Melissa Steiner. Der folgende Bericht, der uns durch die unermüdliche Arbeit unserer Mitarbeiter Tara Gallagher und James Lanigan zugänglich gemacht wurde, stammt aus dem Jahre 3023, wenige Wochen, bevor Wolfs Dragoner und mit ihnen auch die Schwarze Witwe in die Dienste des Draconis-Kombinats traten.
Misha Auburn
Archivbericht über Natascha Kerensky, auch bekannt als die Schwarze Witwe.
Sicherheitsstufe: Nur zur persönlichen Einsicht
Nummer 2 von 3 Exemplaren
Thema:
Natascha Kerensky gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten zur Zeit lebenden MechKriegerkommandeuren. In den vergangenen 15 Jahren war Kerensky für vier der fünf Nachfolgerstaaten tätig. Ein Einblick in ihre Motivation, Methoden und Ziele kann sich als nützlich erweisen, wenn es darum geht, sie in unseren Diensten zu halten oder sie zu neutralisieren, falls sie sich entscheidet, einen anderen Arbeitgeber zu suchen.
Darüber hinaus ist Kerenskys Herkunft unbekannt. Insbesondere mit Hinblick auf ihren Namen ist es wichtig, so viel wie möglich über potentielle Probleme, Konflikte oder geheime Ziele in Erfahrung zu bringen.
Quellen:
- Persönliches Gespräch, 7/4/3023
- Medizinischer Bericht, Chukchi III, 3020
- Persönliche Unterlagen Natascha Kerenskys
- "Natascha Kerensky: Die Frau, der Mythos, die MechKriegerin", Readers Digest, Mai 3021
- Fotografien und Holografien aus Archiven des Lyranschen Commonwealths und ComStars
- Verschiedene Materialien ohne genaue Quellenangaben
Medizinisch - Biologischer Bericht
Photo/Holographische Indizien
In unseren Archiven gibt es erstaunlich wenig Fotos und Holografien Kerenskys. Nach Geheimdienstinformationen sind andere Häuser diesbezüglich auch nicht besser dran. Dieser Zustand passt zu den minimalen Daten, die über Kerensky existieren, deutet jedoch ganz besonders auf ein Täuschungsmanöver oder zumindest eine Verschleierungstaktik hin.
Eine Computeranalyse der existierenden Bilder zeigt eine gleichbleibende Schädelform bei Unterschieden in Fett- und Muskelbildung. Die Bilder deuten darauf hin, dass ein und dieselbe Frau abgebildet ist, die jedoch in regelmäßigen Abständen plastichirurgisch behandelt wurde.
Die positiv datierten Bilder lassen Gesichtschirurgie zu folgenden Zeitpunkten vermuten: 3007* kleiner, 3015 kleiner, 3017 umfangreich, 3019 kleiner, 3020 kleiner, 3022 kleiner, 3024 umfangreich, 3026 kleiner.* Datum oder Identifikation unsicher
Medizinischer Bericht
Die medizinische Untersuchung durch einen Amtsarzt des Lyranischen Commonwealth, ist unvollständig. Auf dem Fragebogen zu ihrer medizinischen Vergangenheit führt Kerensky Geburtsort und -datum, Namen der Eltern und Datum der ersten Regelblutung als "unbekannt" auf und gibt als erbliche Gesundheitsprobleme "keine"an. Dr. Bona, der zuständige Arzt, war nicht in der Lage, mehr als "Zeit und Temperatur" zu messen, soll heißen Puls, Blutdruck und Körpertemperatur. Eine Blutprobe erbrachte keinen Befund und verschwand kurz darauf aus dem Labor.
Dr. Bona bemerkte Ungleichheiten im Erscheinungsbild der Haut, die stark an plastische Chirurgie und Narbengewebe erinnern. Diese Annahme wurde insbesondere durch bestimmte Merkmale von Mund und Ohren bekräftigt. Außerdem fanden sich Hinweise auf mögliche Brandwunden und Hauttransplantationen an Kerenskys Arm, die allerdings so nachbehandelt waren, dass sie schon aus kurzer Entfernung nicht mehr sichtbar waren. Eine Dentalanalyse liegt leider nicht vor, aber Dr. Bonas Bericht schließt die Möglichkeit mehrerer künstlicher Zähne nicht aus.
Kerensky hat wahrscheinlich mindestens eine schwere Verletzung überstanden, in deren Verlauf ihr äußeres von einem äußerst geschickten Chirurgen rekonstruiert wurde. Aus den vorliegenden Unterlagen ist nicht zu entnehmen, ob Kerensky weitere Operationen aus rein kosmetischen Gründen durchführen ließ.
Natasha Kerensky
Quelle: More Tales of the Black Widow, FASA 1657
Interview mit Natascha K., 7. April 3023
MA: Danke für dieses Gespräch.
NK: Ich habe Geschichte immer als eine bedeutende Wissenschaft betrachtet. Es ist meine Pflicht, meine Erfahrungen zu teilen.
MA: Angesichts Ihrer Laufbahn - Sie haben für vier Regierungen auf Dutzenden von Welten Dienst getan - weiß ich kaum, wo ich anfangen soll.
NK: Fangen Sie doch einfach mit dem Anfang an.
MA: (Gelächter) Gut gegeben. Woher kommen Sie?
NK: Ich hoffe doch aus dem von Menschen besiedelten Raum.
MA: Können Sie mir vielleicht sagen, welches der erste Planet war, an den Sie sich bewusst erinnern?
NK: Vater war ständig auf Reisen. Ich kann wirklich nicht mehr sagen, wo wir überall waren.
MA: Ah ja. Was hat Ihr Vater getan?
NK: Er war natürlich Mechfahrer. Meine Mutter war Ingenieurin. Ich glaube Bio-irgendwas. Nehme ich jedenfalls an.
MA: Genetikerin?
NK: Genau, das war meine Mutter.
MA: In welchen Regiment diente Ihr Vater?
NK: Das weiß ich wirklich nicht. Ich war noch jung. und politisch nicht besonders interessiert.
MA: Ich nehme an, Sie haben den Mech Ihres Vaters geerbt?
NK: O nein. Nein.
MA: Warum nicht?
NK: Misha, Schätzchen, darüber möchte ich nicht reden. Es ist lange her.
MA: Wie lange?
NK: Es kommt mir vor wie gestern, so lebendig sehe ich es noch vor mir. Ich kann... ich kann wirklich nichts darüber sagen.
MA: Okay, woher haben sie Ihren heutigen Mech?
NK: Aus den Überresten dutzender Schlachten. Der linke Arm wurde zum größten Teil auf New Wessex erbeutet. Beide Füße, oder vielleicht ist es auch nur einer, stammen von New Delos. Man kann die Teile nicht mehr auseinanderhalten, weil wir sie alle schwarz anmalen.
MA: Warum schwarz?
NK: Weil ich um mein Leben trauere.
MA: Wie furchtbar. Was ist los?
NK: Meine Güte, Misha, das war ein Witz.
MA: Chekhov?
NK: Chekhov.
MA: Warum haben Sie sich den Wolfs Dragonern angeschlossen?
NK: Ich war jung. Es war Frühling. Wir waren MechKrieger.
MA: Ich dachte, Sie hätten erklärt, dass Sie mir helfen wollen. Wollen Sie als frivole, aufgeblasene Ziege in die Geschichte eingehen?
NK: Ist mir egal. Ich habe in... na... hundert Schlachten gekämpft, tausend? Vielleicht waren es eine Million, was weiß ich. Ich habe für jeden gekämpft, der mir einen anständigen Kontrakt geboten hat, und für ein paar, die es nicht taten. Und nach all dem hat sich das Universum kaum verändert. Ich könnte noch einmal hundert Jahre weiterkämpfen, und alles würde genauso aussehen wie jetzt.
MA: Warum tun Sie es dann?
NK: Ist das nicht offensichtlich? Es gefällt mir. Ich mag die Bezahlung. Ich mag die Leute, mit denen ich arbeite. Ich mag das Söldnerleben. Es ist interessant. Es hält mich jung. Aber vor allem mag ich das Schlachtfeld. Wenn du meinst, du hast schon alles gesehen, findet jemand eine neue hinterlistige Taktik, und du bist wieder am selben Punkt, an dem du vor 20 Jahren warst. Das hält mich jung. Außerdem kann ich nichts anderes. Vielleicht würden Sie ja gerne Ihren Lebensunterhalt mit der Orchideenzucht bestreiten, aber Ihre Ausbildung liegt nun mal auf dem Feld der Geschichte. Also müssen Sie an dem Gefallen finden, was Sie tun können. Möchten Sie sonst noch etwas wissen? Vielleicht ein paar Kosmetiktips für meine Fans?
MA: Wie der Zufall so will, würde ich wirklich gerne über Ihr Aussehen mit Ihnen reden.
NK: Versuchen Sie jetzt nicht, mich oberflächlich und eitel erscheinen zu lassen, Misha. Sie wissen schon: Kerensky lachte und warf ihre rabenschwarzen Locken über die Schulter. In der Art.
MA: Sie sind blond.
NK: Was immer.
MA: Er lässt sich nicht bestreiten, dass Sie eine wunderschöne Frau sind das ist ein wichtiger Teil der Faszination, die mit dem Namen Natascha Kerensky verbunden ist.
NK: Ah ja. La belle dame sans merci. Das süße junge Ding, das dir die Eier wegpustet. Das Kätzchen mit der Peitsche. Diese Sorte Faszination?
MA: Na, da wären zum Beispiel diese Bilder, auf denen Sie in reichlich unwahrscheinlicher Aufmachung über das Schlachtfeld spazieren.
NK: Nun, Sie wissen sicher, dass MechKrieger sich nur leicht bekleiden, weil es im Inneren eines Mechs heiß und eng ist.
MA: Und eine ganze Reihe gutaussehender MechKriegerinnen haben das schon zu ihrem Vorteil ausgenutzt, wenn sie in Gefangenschaft gerieten. Aber das ist nicht die Kleidung, von der ich rede.
NK: Sie meinen hautenge Lederhosen.
MA: Ein gutes Beispiel.
NK: Die Bilder, auf die Sie anspielen, sind Publicity Shots für die ich auf dem Schlachtfeld posiert habe, nachdem die Trümmer etwas abgekühlt waren. Ein paar davon sind im Studio entstanden und dann mit verschiedenen Hintergrundaufnahmen kombiniert worden. (lacht) Ich hoffe, Sie sind über dieses Täuschungsmanöver nicht schockiert.
MA: Nein. Es gehört zu meiner Arbeit, gestellte Bilder von Actionaufnahmen unterscheiden zu können. Das Problem ist, von Ihrer Einheit gibt es kaum Aktionfotos. Sie haben keinen offiziellen Fotografen oder Kameras in Ihren Mechs?
NK: Nein. Ich halte das für einen Witz. Wenn wir einen brillanten Schachzug oder einen unverzeihbaren Fehler machen, vergessen wir das nicht. Wir sitzen nicht hinterher herum und streiten darüber, wer nun den Marodeur abgeschossen hat. Wir haben keine Zeit für derartige Eitelkeit.
MA: Es gibt kaum Gefechtsaufnahmen der Schwarzen Witwen. Es scheint, dass jeder, gegen den Sie kämpfen, mit zerstörten Mech-Kameras vom Feld geht.
NK: Nun ja, wir reden hier vom Krieg. Ein Schlachtfeld ist kein Holovidstudio. Wollen Sie irgend etwas bestimmtes über uns wissen?
MA: Wie kommt es, dass sie auf keinen zwei Bildern gleich aussehen?
NK: Andere Frisur, anderes MakeUp, andere Kleider.
MA: Anderes Gesicht?
NK: Das ist weitgehend eine Illusion, hervorgerufen durch Licht, MakeUP und Frisur. Hören Sie, wenn jeder genau weiß, wie ich aussehe, wo bleibt denn die Faszination des Rätselhaften? Und was viel wichtiger ist, wenn ich abseits des Kampfgeschehens leicht auszumachen bin, macht mich das zu einem leichten Ziel. Und ich hasse es, von meinen Fans überrannt zu werden.
MA: Es ist schon erstaunlich. Es ist beinahe, als gäbe es mehrere Natascha Kerenskys.
NK: Vielleicht haben Sie recht. Vielleicht gehöre ich gar nicht dazu. Oooooooooooooh, gespenstisch! Sonst noch was, das wir der Nachwelt überliefern wollen?
MA: Aeh... was tragen Sie im Kampf?
NK: Etwas Hübsches. ich zieh mich zum Essen gern um. Achzig Prozent aller MechKrieger sind Männer, und Sie wissen ja, wie die sind. Sehr leicht abzulenken.
MA: Sie ziehen sich zum Essen um?
NK: Das ist so Sitte in den feineren Kreisen...
MA: Ich weiß. Ich dachte nur, dass es sich dabei um Ihre persönliche Umschreibung der Schlacht handelt.
NK: Wer weiß. Man nennt mich nicht die schwarze Witwe, weil ich acht Beine habe.
Anmerkung der Interviewerin
Aus diesem Gespräch wird schmerzhaft deutlich, dass Kerensky nicht über ihre Vergangenheit reden will, und dass sie sehr geschickt ist, wenn es darum geht, diese zu verschleiern. Sie zeigt eine gewisse Besorgnis, was Jugend und Alter angeht, denn dieses Thema kommt häufiger zur Sprache als irgendein anderes. Wie bei ihrem "Gefühlsausbruch" ist es auch hier schwer zu sagen, ob es sich um ein schlechtes Gefühl handelt oder um die geschickte Manipulation durch eine Meisterin dieser Kunst.
Kerensky zögerte nur dann, wenn es um ihr Aussehen ging. Möglicherweise liegt dies daran, dass nur wenige den Mut zeigen, sie darauf anzusprechen.
Anmerkung des Tutors
Das Schulmädchen als Historikerin ist eine ausgezeichnete Rolle, die du solange die Möglichkeit noch besteht, weiter spielen solltest, Misha. Unglücklicherweise war Kerensky ein wirklich harter Brocken für den Anfang. Ein Interview mit ihr zu bekommen, war eine Leistung, aber sie ist dir über.
Hier haben wir nur erfahren: dass Kerensky eine Frau ist, die sich der plastischen Chirurgie bedient, um ihr jugendliches Aussehen zu bewahren.